Demenz: Was Erinnerung bedeutet
08.02.2016
Kristina Mohr
Mit dem Wesen von Erinnerungen setzt sich ein gemeinsames Fotoprojekt des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) und der Fotografin Laurence Chaperon auseinander. In einem Bildband und auf www.erinnerung-demenz.de finden sich persönliche Texte von 38 deutschen Politikern. Portraitaufnahmen sollen die persönliche Perspektive auf Wert und Bedeutung von Erinnerungen unterstreichen. Mit dem Projekt möchten die Initiatoren den öffentlichen Diskurs zum Thema Demenz anregen.
Die eigenen Erinnerungen zu verlieren, ist eine der großen Herausforderung bei Demenz. Die Krankheit macht vielen Angst. „Ich finde es wichtig, dass darüber geredet wird, dass vor allem darüber geredet werden kann und darf, dass wir als Gesellschaft offen über den Verlust von Erinnerungen sprechen“, sagt Fotokünstlerin Laurence Chaperon. „Denn Erinnerungen bedeuten für mich nicht nur Vergangenheit, sie bedeuten auch meine Zukunft“, so Chaperon. Das Projekt sei eine sensible Auseinandersetzung mit einem wichtigen, aber nicht einfachen Thema.
Gedanken zum Wert
Unsere Gesellschaft des langen Lebens trage einen wachsenden Schatz an Erinnerungen in sich, heißt es auf der Webseite des Projekts. Aus diesem Erinnerungsschatz setze sich unser gesellschaftliches Gedächtnis zusammen, zu dem jeder Bürger in Deutschland mit seinen persönlichen Erfahrungen beiträgt. In dem Projekt „Erinnerung“ stehen weniger die privaten Erinnerungen der portraitierten Politiker im Mittelpunkt als vielmehr Gedanken zu grundsätzlichen Werten. Sie schildern aus einer individuellen Perspektive, was es bedeutet, Erinnerungen zu haben und sich erinnern zu können.
Geistige Souvenirs
Zu den Politikern, die das Projekt unterstützen, gehören unter anderem Hilde Mattheis (SPD), Sprecherin des ständigen Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bundestages. Für sie sind Erinnerungen „geistige Souvenirs, die uns das Leben in verschiedenen Situationen und Momenten mitgibt“. Erinnerungen seien im Zweifel alles, was ein Mensch besitzt. Ihr Wert übersteige den des materialistischen Wohnstandes.
Nicht in Vergessenheit geraten
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ist sich dieses Wertes bewusst und „genießt es jeden Tag aufs Neue, diese Erinnerungen mit meiner Familie oder guten Freunden teilen zu können“. Denn eines Tages könnte auch er betroffen sein. „Die Angst vor dem Gedächtnisverlust, der mit der Diagnose Demenz einhergeht, können wir den betroffenen Menschen nicht nehmen, wohl aber ihre Sorge, selbst vergessen zu werden“, schreibt Gröhe.
Würde und Identität bewahren
Für Manuela Schwesig (SPD), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, versetzt uns erst die Fähigkeit, uns erinnern zu können in die Lage, die Gegenwart zu beurteilen und in die Zukunft zu denken. An Demenz erkrankte Menschen würden ihrer Wurzeln und damit ihrer Identität beraubt. Den größten Halt fänden Betroffene in ihren Familien. Ehepartner, Kinder und Enkel könnten durch ihre Besuche und Fürsorge die Erinnerungen an die Liebe und das gegenseitige Vertrauen wachhalten. „Es liegt an uns, ihnen Stütze und Halt zu sein, ihnen Identität und Würde zu bewahren“, schreibt Schwesig.
Quellen
- ZQP. Fotoprojekt Erinnerung: „Menschen mit Demenz nicht vergessen“. Pressemitteilung vom 2. Februar 2016.
- Webseite des Projekts
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