Kinder, Küche, Koronarsyndrom
02.02.2016
Kristina Mohr
Egal, ob Mann oder Frau – das Risiko, innerhalb von 12 Monaten ein erneutes akutes Koronarsyndrom oder einen Infarkt zu bekommen, steigt mit den weiblichen Attributen. Gender, das „soziale Geschlecht“ eines Menschen, hat einer kanadischen Studie zufolge größere Bedeutung für das Risiko als das biologische.
„Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Erwachsene, deren Rollenverhalten und Charaktereigenschaften eher traditionell weiblichen Geschlechterstereotypen entsprechen, ein erhöhtes Risiko haben“, erläuterte Louise Pilote, Co-Autorin der Studie. „Es ist gleichgültig, ob es sich dabei biologisch um Männer oder Frauen handelt.“
Gutverdienender Mann – Hausfrau am Herd
An der Studie nahmen rund 1000 Probanden im Alter zwischen 18 und 55 Jahren teil, die ein akutes Koronarsyndrom hatten. Die Forscher befragten sie ausführlich: „Die Fragen betrafen unterschiedliche Aspekte von Gender, wie sie in einer Gesellschaft traditionell Männern und Frauen zugeschrieben werden“, erklärte die Erstautorin Roxanne Pelletier. „Beispielsweise die Anzahl an Stunden, die eine Person mit Haushaltstätigkeiten verbringt und sich um die Kinder kümmert oder auch, was sie verdient.“
Gender-Index: Risiko steigt mit weiblichen Eigenschaften
Die Forscher entwickelten einen Gender-Index: 1 Punkt für extreme stereotype Männlichkeit, 100 Punkte für den Inbegriff von Weiblichkeit. „Wir beobachteten, dass Teilnehmer mit einer sehr hohen Punktzahl typisch weiblicher Charakteristiken häufiger ein zweites kardiologisches Ereignis hatten“, sagte Pelletier weiter.
Stress als Ursache
Die Forscher vermuten, dass mit den weiblichen Charakteristiken ein erhöhtes Sorgen- und Stresslevel einhergeht, das für weitere Herzerkrankungen verantwortlich ist. „Es gibt wahrscheinlich viele Gründe, um zu erklären, warum Männer und Frauen mit weiblichen Genderstereotypen gestresster sind“, so Pilote. „Zum Beispiel könnten finanzielle Schwierigkeiten und/oder die Notwendigkeit, Haushalt, Kinder und Arbeit unter einen Hut zu bringen, eine tägliche Last sein, die zu chronischem Stress führt.“
Quelle
- Pelletier R et al. Sex Versus Gender-Related Characteristics. Journal of the American College of Cardiology, 2016; 67 (2): 127, DOI: 10.1016/j.jacc.2015.10.067.
- McGill University Health Centre. Gender role more important than biological sex in predicting health outcome after heart attack. Pressemitteilung vom 1. Februar 2016.
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