Demenz: Häufige Herausforderung in Kliniken
10.06.2016
Kristina Mohr
Insgesamt 40 Prozent aller über 65-jährigen Patienten in Allgemeinkrankenhäusern weisen kognitive Störungen auf, knapp 20 Prozent leiden an Demenz. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie der Hochschule Mannheim und der Technischen Universität München. Die Forscher legen damit erstmals Zahlen zu Häufigkeit, Verteilung und Versorgung von Patienten mit kognitiven Störungen vor. Die Kenntnisse sollen Kliniken dabei helfen, Patienten mit Demenz besser zu versorgen.
Die Forscher haben für die Studie zwei Jahre lang rund 1.500 Patienten untersucht. Sie beurteilten die über 65-jährige Patienten und die Versorgungssituation an einem Stichtag auf zufällig ausgewählten Stationen in 33 Allgemeinkrankenhäusern in Baden-Württemberg und Bayern. Geriatrische, psychiatrische und neurologische Stationen schlossen die Wissenschaftler aus.
Bei Aufnahme oft nicht bekannt
Die Fachbereiche mit den höchsten Anteilen an Demenzpatienten waren Innere Medizin und Unfallchirurgie. In der Allgemeinchirurgie und anderen Abteilungen verzeichneten die Forscher geringere Zahlen. Es fiel auf, dass bei zwei Dritteln der Betroffenen die Demenzerkrankung bei der Aufnahme nicht vorbekannt war. Eine Diagnose lag meist erst dann vor, wenn die Demenz bereits weiter fortgeschritten war. „Der bei der Studie eingesetzte kurze Screeningtest erkennt auch leichte demenzielle Störungen zuverlässiger, als die üblicherweise von den Kliniken herangezogenen Verfahren", erklärte Horst Bickel von der Arbeitsgruppe für Psychiatrische Epidemiologie der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Technischen Universität München. Dies könne Krankenhäusern dabei helfen, Patienten zu identifizieren, die besonders intensiver Betreuung und Pflege bedürfen.
Besonders herausfordernd für die Pflege
Die Studie belegt zudem den erhöhten Aufwand für Pflegende und Ärzte bei der Betreuung von Patienten mit kognitiven Störungen. Fast 80 Prozent der untersuchten Patienten zeigten neben kognitiven Beeinträchtigungen ein herausforderndes Verhalten oder verhielten sich anderweitig auffällig. Hierzu gehörten vor allem nächtliche Unruhe, Umtriebigkeit und Aggressivität.
Kliniken müssen sich besser auf Demenzpatienten einstellen
Auf die erhöhten Anforderungen, die eine wachsende Zahl kognitiv beeinträchtigter Patienten an das Personal stellt, seien viele Krankenhäuser nicht ausreichend vorbereitet. Spezielle Maßnahmen für die Betreuung von Patienten mit Demenz bieten Kliniken nach den Erkenntnissen der Wissenschaftler bisher selten an. Wenn vorhanden, handele es sich vorrangig um Hilfen zur Orientierung, das Anbringen von Bettgittern oder um ein besonderes Entlassungsmanagement. Pflegekräfte mit gerontopsychiatrischer oder altenpflegerischer Ausbildung arbeiteten kaum auf den Stationen. Auch Schulungen und Weiterbildungen zum Thema Demenz stellten die Ausnahme dar.
Datenbasis für zielgerichtete Planung
Nach Ansicht der Forscher bietet die von der Robert Bosch Stiftung geförderte Studie erstmals eine auf repräsentativen Zahlen basierende Planungsgrundlage für Kliniken. Mithilfe der Daten könnten diese die Versorgung von Patienten mit Demenz anpassen und verbessern. Die Kenntnisse zu Häufigkeit und Vorkommen in einzelnen Fachbereichen könnten beispielsweise dazu beitragen, knappe Ressourcen wie Personal zielgerichteter und passgenauer einzusetzen, argumentieren die Forscher.
Quellen
- Robert Bosch Stiftung. Demenz stellt Krankenhäuser vor große Herausforderungen - Neue Studie liefert erstmals repräsentative Daten. Pressemitteilung vom 2. Juni 2016
- Robert Bosch Stiftung. Demenz im Allgemeinkrankenhaus. Prävalenz und Versorgungssituation. Zusammenfassung
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Die Lerneinheit „Demenzpatienten im Krankenhaus“ stellt zahlreiche Projekte vor, wie die Versorgung von Patienten, die an Demenz erkrankt sind, verbessert werden kann.
