Multiresistente Bakterien im Krankenhaus
26.08.2016
Bis zu 15.000 Patienten in Deutschland sterben jährlich an Krankenhausinfektionen. So schätzt es das Nationale Referenzzentrum ein, das die Zahl der Infektionen überwacht. Meist sind multiresistente Bakterien die Ursache, die unempfindlich gegen eine Vielzahl gängiger Antibiotika sind. Forscher des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung der Uniklinik Köln fanden in einer umfangreichen Studie heraus, dass nahezu zehn Prozent der Patienten die Keime von zu Hause mitbringen.
Forscher der Uniklinik Köln koordinierten die Studie gemeinsam mit Kollegen der Charité Berlin. Sechs deutsche Universitätskliniken beteiligten sich an der Untersuchung, bei der mehr als 4000 Erwachsene bei der Aufnahme anhand von Stuhlproben oder Rektalabstrichen auf multiresistente Enterobakterien untersucht wurden. Den Fokus legten die Forscher auf eine Gruppe von multiresistenten Bakterien, die häufig in Kliniken Probleme bereiten: die sogenannten 3. Generations-Cephalosporin-resistenten Enterobakterien (3GCREB). Diese Darmbakterien sind unter anderem resistent gegen Cephalosporine, die ähnlich wie Penicillin wirken, indem sie den Aufbau der bakteriellen Zellwand hemmen und so Bakterien abtöten. Cephalosporine der dritten Generation wirken gegen ein breites Spektrum an Bakterien und gehören zu den am häufigsten eingesetzten Antibiotika. Doch die Bakterien erwarben im Laufe der Zeit das Enzym Beta-Laktamase, das diese Antibiotika unwirksam macht. Enterobakterien werden durch Schmierinfektion, meistens über Fäkalien oder über Lebensmittel, übertragen.
Jeder zehnte Patient bringt Keime mit ins Krankenhaus
Von den 4376 Erwachsenen, die bei Aufnahme in eine der beteiligten Kliniken auf die 3GCREB-Keime untersucht wurden, waren 416 Träger dieser multiresistenten Keime. Diese Häufigkeit war bisher in Deutschland nicht bekannt. Besonders häufig fanden die Forscher Escherichia coli-Bakterien, die Beta-Laktamasen produzieren, sogenannte ESBL-Enterobakterien. Die Häufigkeit der multiresistenten Keime war von Klinik zu Klinik unterschiedlich. Ein höheres Infektionsrisiko haben laut den Forschern Patienten nach einer Antibiotikatherapie und Reisende ins Ausland.
Mehr Hygiene, weniger Antibiotika
Aus Sicht der Forscher ist eine Isolation so vieler Betroffener keine erfolgsversprechende Strategie. „Zudem gäbe es bei 3GCREB im Gegensatz zu anderen multiresistenten Bakteriengruppen wie MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus-aureus)-Stämme keine etablierten Sanierungsmöglichkeiten“, erklärt Dr. Axel Hamprecht von der Uniklinik Köln. Stattdessen empfehlen er und seine Kollegen bessere Hygienemaßnahmen in Kliniken und Praxen, einen vernünftigen Umgang mit Antibiotika, eine Reduktion nicht gerechtfertigter Antibiotika-Gaben und mehr Schulungen für das Gesundheitspersonal. Die Studie wurde im Rahmen der Antibiotika-Therapie-Optimierungs-Studie (ATHOS) durchgeführt.
Publikation
A Hamprecht, A M Rohde, M Behnke, S Feihl, P Gastmeier, F Gebhardt, W V Kern, J K Knobloch, A Mischnik, B Obermann, C Querbach, S Peter, C Schneider, W Schröder, F Schwab, E Tacconelli, M Wiese-Posselt, T Wille, M Willmann, H Seifert, J Zweigner; im Auf-trag der DZIF-ATHOS Study Group. Colonization with third-generation cephalosporin-resistant Enterobacteriaceae on hospital admission: prevalence and risk factors. J Antimicrob Chemother 2016 Jun 17. Epub 2016 Jun 17. Doi:10.1093/jac/dkw216
Quelle
Deutsches Zentrum für Infektionsforschung
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