Schutz vor Implantatinfektionen
27.07.2016
Kristina Mohr
Forscher aus Jena haben zusammen mit einem Implantathersteller eine antibiotikahaltige Beschichtung für Titanimplantate entwickelt. In einer vorklinischen Studie konnten sie nachweisen, dass die antibakterielle Oberfläche im Vergleich zu herkömmlichen Produkten wirksam dazu beiträgt, postoperative Infektionen zu vermeiden. Ihre Ergebnisse publizierten die Wissenschaftler im Fachjournal „Biomaterials“.
Die spezielle Beschichtung der Implantate enthält eine hohe Gentamicin-Konzentration. Damit jedoch keine Antibiotikaresistenzen entstehen, wird die Schicht innerhalb von 5 Tagen vollständig im Körper abgebaut. Darunter kommen dann die Poren der Titanoberfläche wieder zum Vorschein. Diese müssen freiliegen, damit das Implantat in den Knochen einwachsen kann und dadurch stabil verankert wird.
Infektion mit weitreichenden Folgen
Pro Jahr implantieren Chirurgen in Deutschland ca. 200.000 Hüftprothesen und 100.000 Knieprothesen. Zwar sei die Gefahr einer postoperativen Infektion mit 1 bis 2 Prozent relativ gering, für betroffene Patienten hätte eine Infektion dennoch oft katastrophale Folgen. Denn dann seien meist weitere Operationen und ein Wechsel des künstlichen Gelenks nötig.
Insbesondere für Patienten mit erhöhtem Infektionsrisiko
Hier erhoffen sich die Forscher, die Grundlage für eine neue Generation von Implantaten gelegt zu haben. In mikrobiologischen und histologischen Tests gelang es ihnen nachzuweisen, dass in über 90 Prozent der Fälle die Antibiotikaoberfläche die Implantate vor einer Besiedelung mit Bakterien schützt. Nun sollen klinische Studien die Wirksamkeit weiter belegen. „Gerade bei Patienten, bei denen ein erhöhtes Risiko für postoperative Infektionen besteht – z. B. durch Diabetes mellitus, Abwehrschwäche, immunsuppressive Medikamente oder bei Wechseloperationen – könnten diese Implantate zum Einsatz kommen“, skizziert PD Dr. Michael Diefenbeck, Unfallchirurg und Erstautor der Studie, künftige Einsatzmöglichkeiten der neuen Implantate.
Am Projekt beteiligten sich Wissenschaftler des INNOVENT e.V. in Jena, des Lehrstuhls für Materialwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena und des Thüringer Implantatherstellers Königsee Implantate GmbH. Das Verbundprojekt wurde vom Freistaat Thüringen mit EU-Mitteln in Höhe von 706.975 Euro gefördert.
Quelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena. Neue antibakterielle Oberfläche schützt orthopädische Implantate. Pressemitteilung vom 20. Juli 2016
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