Keimträger Krankenhauskleidung
09.08.2016
Jeanette Siebert
Bekannt ist, dass die Hände von Ärzten und Pflegenden riskante Keimträger in der Übertragung nosokomialer Infektionen darstellen. Die hygienische Händedesinfektion vor und nach Patientenkontakt ist daher obligat. Welche Rolle jedoch die Dienstkleidung bei der Keimverschleppung spielt, untersuchte ein israelisches Forscherteam, und kam zu einem alarmierenden Ergebnis: 60 Prozent der Arztkittel und 65 Prozent der Kasacks von Pflegenden wiesen die Erreger nosokomialer Infektionen auf.
Bei der Dienstkleidung der Pflegenden sind vor allem Bauch- und Taschenbereich überdurchschnittlich kontaminiert. Bei den Arztkitteln fanden sich hingegen viele Problemkeime auf den Ärmeln. Da viele multiresistente Erreger von ihrer biologischen Struktur her sehr widerstandsfähig sind, können sie problemlos über die Kleidung von Patient zu Patient getragen werden, was verheerende Folgen haben kann.
Täglicher Wechsel nötig
In Deutschland ist es üblich, dass die Krankenhäuser ihren Mitarbeitern Dienstkleidung zur Verfügung stellen. Um einem umfassenden Infektionsschutz gerecht zu werden, ist es notwendig, auch nicht sichtbar verschmutzte Dienstkleidung täglich abzuwerfen. Dies gilt auch für Arztkittel, die über der Tagesbekleidung getragen werden.
Händehygiene ist ausschlaggebend
Vor allem bei Wundversorgungen, Punktionen, Injektionen und Katheteranlagen ist eine gründliche Händedesinfektion Pflicht – diese kann jedoch mit langem Arztkittel nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden. Daher empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e. V. (DGKH), langärmelige Arztkittel für solche Interventionen abzulegen. Nur so kann eine Keimverschleppung über die Ärmel der Dienstkleidung vermieden werden und eine hygienische Händedesinfektion stattfinden. Auch freie Unterarme können so gut desinfiziert werden, sodass eine Keimübertragung über Hautschuppen des Behandlers ausgeschlossen werden kann. Lange Ärmel schützen den Patienten also weniger vor Erregern, als dass sie ihn durch solche gefährden.
Kasack für alle
Patienten und Ärzte in Deutschland schätzen den Wiedererkennungswert der typischen langen weißen Arztkittel. Vor hygienischem Hintergrund scheint dieses Kleidungsstück jedoch veraltet zu sein. Viele große Kliniken setzen hier bereits auf Kasacks und Hosen aus einem großen Pool: Statt eigener Dienstkleidung erhalten Mitarbeiter einheitliche Kleidung aus einem zentralen Lager. Dies bringt den Vorteil, dass Dienstkleidung stets verfügbar und ein täglicher Wechsel problemlos möglich ist. Andererseits ist der Wiedererkennungswert der ärztlichen Mitarbeiter reduziert. Hier könne man jedoch – nach Ansicht der DGKH – auch mit unterschiedlichen Farben arbeiten, um so Pflegende von Ärzten und Therapeuten unterscheiden zu können.
Quelle
- Miller M, Popp W, Zastrow KD. Kittel oder Kasack? Hygiene-Tipp der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e. V. vom 01.07.2016
- Wiener-Well Y, Galuty M, Rudensky B et al. Doctors' and Nurses' Hospital Uniforms Contain Dangerous Bacteria a Majority of the Time. American Journal of Infection Control; 2011: 39(7): 555–559
Mehr zum Thema
Multiresistente Erreger sind fast überall zu finden. Wie Sie das Risiko einer Keimverschleppung reduzieren und sich selbst effektiv schützen können, regelt unter anderem die TRBA 250. Der Beitrag „Anforderungen an den Personalschutz“ fasst die notwendigen Informationen zusammen.
