Picker Report: Kulturwandel für Kliniken gefordert
16.09.2015
Kristina Mohr
Wenn Kliniken ihre Personalsituation verbessern und mehr Pflegende einstellen, werden Patienten nicht automatisch besser versorgt. Dies geht aus einer aktuellen Studie des Picker Instituts zur steigenden Arbeitsbelastung und der damit verbundenen Pflegequalität in Krankenhäusern hervor. Damit Personalaufstockungen effektiv wirken, müssen die Arbeitsbedingungen mindestens durchschnittlich sein.
Der Picker Report 2015 hat Befragungsdaten von 8.570 Pflegenden aus 25 deutschen Krankenhäusern ausgewertet. Demnach schaffen 35 Prozent der Befragten nur selten ihre Aufgaben während der regulären Arbeitszeit, 45 Prozent müssen häufig aufgrund Personalengpässen einspringen. Auch die Zeit für bedürfnisgerechte Patientenversorgung haben viele nicht: Nur 26 Prozent gaben an, dafür meistens Zeit zu haben.
Zu wenig Pflegende – sinkende Qualität
Im Zentrum des Picker Reports stand die Frage, ob die über die letzten Jahre immer weitere gestiegene körperliche, zeitliche und psychische Arbeitsbelastung der Pflegenden auch Konsequenzen für die Patienten hat. Hier verdichten sich die Hinweise in der wissenschaftlichen Literatur: Behandlungsergebnisse sind schlechter, wenn Pflegende (zu) viele Patienten zu betreuen haben.
Die Arbeitsbedingungen müssen sich ändern
Aber: Wenn die Arbeitsbedingungen nicht mindestens als durchschnittlich eingestuft werden, bringt es laut Picker Report kaum etwas, mehr Personal einzustellen. Das Pflegestellen-Förderprogramm der Bundesregierung halten Kritiker deshalb auch nicht für geeignet, dem Pflegenotstand in Deutschland effektiv zu begegnen. „Der (erneute) Versuch der Politik, mit einem Pflegestellen-Förderprogramm für Entlastung zu sorgen, ist so falsch wie hilflos“, erklärt Maria Nadj-Kittler, Direktorin des Instituts, in einer Pressemitteilung. „Die Forschung der letzten Jahre hat klar gezeigt, dass die rein quantitative Aufstockung des Personals – die teuerste Variante zur Verbesserung der Versorgung – verpufft, wenn sich nicht mindestens gleichzeitig auch die Arbeitsbedingungen verbessern.“
Radikaler Kulturwandel nötig
Gute Arbeitsbedingungen bedeuten neben professionell arbeitenden Teams und koordinierten Abläufen vor allem gute Führung, materielle und immaterielle Wertschätzung sowie Anerkennung. Dazu bedürfe es eines radikalen Kulturwandels in deutschen Krankenhäusern – der jedoch dringend nötig sei, da die ohne Zweifel benötigten zusätzlichen Stellen allein nicht ausreichten, um dem drohenden Pflegenotstand entgegen zu wirken.
Quelle
- Picker Institut. Gute Pflege braucht gute Bedingungen. Pressemitteilung vom 15. September 2015.
- Picker Institut. Picker Report 2015. Kurzversion. September 2015.
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