Wege aus dem Fachkräftemangel
03.06.2015
Anna Prager
Obwohl deutsche Pflegeeinrichtungen händeringend nach Fachkräften suchen, bleiben Versuche der Fachkräfterekrutierung im Ausland zumeist aus. Die Hauptgründe: Bürokratie, Kosten und rechtliche Hürden.
Zu diesen Ergebnissen gelangte eine repräsentative Studie, für die die Bertelsmann Stiftung das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) beauftragt hatte. Um Erkenntnisse über die Praxis der internationalen Fachkräfterekrutierung in der deutschen Pflegebranche zu erlangen, befragten die Forscher knapp 600 Personalverantwortliche. Anschließend vertieften und reflektierten sie die Befunde der Befragung in Interviews mit ausgewählten Experten und Praktikern aus der Branche.
Alles außer Auslandsrekrutierung
Über 60 Prozent der Pflegeeinrichtungen suchen nach qualifiziertem Personal – durchschnittlich für mehr als vier unbesetzte Stellen. Obwohl ein Großteil der von Vakanz betroffenen Einrichtungen diese Suche als schwierig empfindet, bleibt die Rekrutierung geeigneter Fachkräfte aus dem Ausland die letzte Wahl. 83 Prozent der Unternehmen begegnen dem Fachkräftemangel bevorzugt mit Versuchen, den Krankenstand abzusenken. Jeder fünfte Betrieb wirbt Mitarbeiter von der Konkurrenz ab. Lediglich 16 Prozent bemühen sich auch international um Mitarbeiter – hauptsächlich in Spanien (61%), seltener in Polen, Kroatien, Rumänien, Italien, Griechenland sowie ausnahmsweise außerhalb der Europäischen Union.
Vorbehalte trotz hoher Zufriedenheit
60 Prozent der Pflegeeinrichtungen, die Mitarbeiter aus dem Ausland eingestellt haben, sind mit den gewonnenen Fachkräften zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Sie schätzen vor allem die hohe Einsatzbereitschaft der Migranten. Dennoch bleiben Vorbehalte gegenüber einer Rekrutierung aus dem Ausland bestehen. So möchten 59 Prozent der bislang rekrutierungsunerfahrenen Pflegebetriebe auch zukünftig auf eine internationale Fachkräftegewinnung verzichten. Die Gründe: Aufwand, Kosten und rechtliche Hürden. Auch rekrutierungserfahrene Unternehmen sehen Nachteile: Sie waren vor allem auf bürokratische Hemmnisse (83%), Probleme bei der Anerkennung von Qualifikationen (67%) und Schwierigkeiten mit der Einwanderungserlaubnis für Drittstaatler gestoßen.
Auslandskräfte unverzichtbar
„An der Pflegebranche wird deutlich, wie weit Deutschland von einer gezielten und am Arbeitsmarkt orientierten Einwanderungspolitik entfernt ist“, erklärt Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. Für eine erfolgreiche Anwerbung aus dem Ausland setzt er bessere Informationen für Unternehmen, ein bundesweit einheitliches Verfahren bei der Berufsanerkennung von Pflegefachkräften sowie einfachere und transparentere Zuwanderungsregeln voraus. Sein Fazit: „Angesichts der demografischen Entwicklung mit höherem Pflegebedarf und geringerem Angebot an Arbeitskräften ist die gezielte Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland unverzichtbar.“
Quellen
- Bertelsmann Stiftung: Meldung vom 01.06.2015
- Bertelsmann Stiftung: Pressemitteilung vom 29.05.2015
Mehr in CNE.online
Informieren Sie sich in der Lerneinheit „Als Team zusammenwachsen“ über Voraussetzungen für eine gelungene Integration ausländischer Pflegefachkräfte sowie über Möglichkeiten der interkulturellen Teamentwicklung.
