Erneut Streit um Generalistik
21.10.2015
Kristina Mohr
Die Äußerungen des CDU-Bundestagsabgeordneten Erwin Rüddel sorgen für heftige Irritationen bei den Verbänden. Rüddel bezweifelte in einem Anfang der Woche veröffentlichten Schreiben, dass es zu einer generalistischen Ausbildung wirklich kommt. Pflegeverbände wie DPR und DBfK werfen nun der Bundesregierung mangelnden politischen Nachdruck bei der Vorbereitung der Reform vor.
„Meines Erachtens ist die Generalistik nicht mehr zu retten“, schreibt Rüddel in seinen „Gedanken zum Pflegeberufegesetz“. Es gäbe immer mehr Hinweise, dass die Verhandlungen zwischen den beiden zuständigen Ministerien zu keinem gemeinsamen Ergebnis führen könnten. Über einen Entwurf für ein Pflegeberufegesetz, das Gesundheits- und Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege in einer gemeinsamen Basisqualifizierung zusammenführt, beraten zurzeit das Familienministerium (Altenpflege) und das Gesundheitsministerium (Krankenpflege).
Eigenständige Altenpflegeausbildung erhalten
Der CDU-Gesundheitspolitiker befürchtet weiter, dass eine generalistische Ausbildung insbesondere für die Altenpflege einen Qualitätsverlust bedeutet. Die alternde Gesellschaft in Deutschland brauche jedoch gut ausgebildete Spezialisten, weshalb an einer eigenständigen Altenpflegeausbildung dringend festzuhalten sei. Auch eine lediglich 3-jährige Ausbildungszeit für Schüler mit gutem Hauptschulabschluss hält Rüddel für sinnvoll – im Gegensatz zur SPD, die 4 Jahre fordere. „Wir wollen natürlich Qualität in der Ausbildung“, meint der CDU-Politiker. „Wir brauchen aber auch für viele Menschen einen Zugang, damit die zusätzlichen Leistungen, die wir durch die Pflegestärkungsgesetze schaffen, auch in der Praxis erbracht werden können.“
Tatsachen verdreht
Für den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) verdreht Rüddel in seinem Schreiben häufig Ursache und Wirkung eines Sachverhalts. Aus dem Papier sprächen vor allem ökonomische Interessen der Arbeitgeberseite. Bemühungen um eine gute Qualität der Ausbildung und lebenslange Perspektiven im Pflegeberuf seien nicht zu erkennen.
Neues Ausbildungskonzept für veränderte Anforderungen
Auch die Christlichen Krankenhäuser in Deutschland (CKiD) bekräftigten in einer Stellungnahme gemeinsam mit Diakonie und Caritas ihr „Ja“ zur Generalistik. Vor dem Hintergrund von demografischem Wandel und anhaltendem Personalmangel sei ein breites, durchlässiges und anschlussfähiges Ausbildungskonzept, das neuen Anforderungen an das Berufsbild gerecht wird, dringend nötig.
Scheitern wäre Blamage für Regierung
Diese Auffassung vertritt auch der Deutsche Pflegerat (DPR). Statt sich für bessere Ausbildungsbedingungen und attraktivere Arbeitsbedingungen einzusetzen, würden Gegner der gemeinsamen Ausbildung diese einseitig und sachlich falsch bewerten. Würden die Verhandlungen über eine Gesetzesreform zu keinem Ergebnis kommen, sei daran vor allem ein mangelnder politischer Wille zur Umsetzung dieser Reform schuld. Andreas Westerfellhaus, Präsident des DPR, betonte in einer Pressemitteilung: „Sollte die im Koalitionsvertrag festgelegte Reform der Pflegeausbildung scheitern, wäre dies eine Blamage für die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag sowie ein Armutszeugnis zugleich.“
Quellen
- Erwin Rüddel. Gedanken zum Pflegeberufegesetz. 18. Oktober 2015.
- DPR. Scheitern der Generalistik wäre eine Blamage für die Bundesregierung und ein Schaden für die Bürger. Pressemitteilung vom 20. Oktober 2015.
- DBfK. Kapituliert die Bundesregierung vor den Anforderungen an moderne Berufsausbildung? Pressemitteilung vom 20.Oktober 2015.
- CKiD. Totreden ist kontraproduktiv. Pressemittelung vom 21. Oktober 2015.
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