Sensorgestützte Schmerz- und Emotionserkennung
07.09.2015
Danilo Michalski
Unter dem Projektnamen „SenseEmotion“ entwickelt ein multiprofessionelles Team der Universitäten in Ulm und Augsburg eine sensorbasierte Schmerz- und Emotionserkennung. Diese soll dabei helfen, Schmerzen bei Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, sich verbal zu äußern, zu erfassen. Zudem arbeiten die Forscher an einem in den Raum projizierbaren Avatar, der als automatisierter und sofort verfügbarer Berater dienen soll. Diese neue Technik könnte Pflegende in der Versorgung von Schmerzbetroffenen unterstützen.
Das steigende Alter bringt viele physische Folgen mit sich: Durchblutungsstörungen, Abbau von Knochengewebe, eingeschränkte Wahrnehmung und Schmerzen. Doch nicht jeder kann die zunehmenden körperlichen Beschwerden auch angemessen kommunizieren. Senioren mit Demenz oder anderen kognitiven bzw. verbalen Einschränkungen sind häufig nicht in der Lage, Pflegekräften klar Auskunft über ihren Zustand zu geben. So kann es schnell zu einer Unterversorgung kommen.
Das Projekt „SenseEmotion“ bietet für dieses Problem einen neuartigen Ansatz. Ein Computersystem sammelt mittels Sensoren, Audio- und Videoaufnahmen umfangreiche physiologische Daten von Pflegebedürftigen und wertet diese aus. Aus den gewonnen Informationen berechnet das System schließlich, wie sich die betroffene Person fühlt und ob sie an Schmerzen leidet. Wenn Hilfe nötig ist, erfolgt eine Meldung an das Pflegepersonal.
Ein virtueller „Pfleger“ als Soforthelfer
Die Wissenschaftler aus Ulm und Augsburg arbeiten zudem an einem in den Raum projizierbaren Avatar, der immer dann eingreift, wenn gerade keine Fachkraft zur Verfügung steht. Der virtuelle „Pfleger“ kann die Senioren beruhigen, sie mittels Musik von ihren Beschwerden ablenken oder auch einen Spaziergang vorschlagen. Auf diese Weise wird auch der Personalknappheit Rechnung getragen.
Wissenschaftliches Neuland
Das sensorbasierte Erkennen von schmerzassoziierten Emotionen stellt noch wissenschaftliches Neuland dar. Bislang gibt es keine computergestützten Studien, die eine eindeutige Differenzierung der entsprechenden Emotionen erlauben. Daher sind in den kommenden Jahren mehrere großangelegte Experimente geplant. In einem davon wird die Lebenswirklichkeit von Heimbewohnern imitiert. Hierzu tragen Versuchspersonen sogenannte „Alterssimulationsanzüge“, die mit Gewichten beladen sind und einen eingeschränkten Bewegungsablauf simulieren. Die Forscher wollen mit diesem Experiment prüfen, wie kritische Situationen im Pflegealltag sichtbar werden. In zweieinhalb Jahren läuft zudem eine langfristige Pilotstudie unter realen Bedingungen in einem Pflegeheim. Dann wird sich zeigen, wie ausgereift die neue Technik bereits ist.
Quelle
Bingmann A. Der Avatar als Pflegehelfer: Projekt zur Emotions- und Schmerzerkennung bei Senioren gestartet. Pressemitteilung vom 03.09.2015
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