Jeder Fehler ist einer zu viel
22.05.2015
Anna Prager
Im Rahmen der diesjährigen Behandlungsfehler-Begutachtung analysierte die Gemeinschaft der Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) alle Fälle, in denen Patienten und Krankenkassen 2014 mit einem Behandlungsfehlervorwurf an den zuständigen MDK herantraten. Die Ergebnisse: In etwa 3.000 von insgesamt knapp 15.000 gemeldeten Fällen verursachten Behandlungsfehler erwiesenermaßen gesundheitliche Schäden aufseiten der Patienten – vor allem, weil indizierte Maßnahmen nicht oder fehlerhaft durchgeführt wurden.
Patienten haben das Recht, entsprechend dem jeweils aktuellen Stand der Medizin behandelt zu werden. Sind sie der Meinung, einem Behandlungsfehler zu unterliegen, also nicht angemessen, sorgfältig, richtig oder zeitgerecht behandelt worden zu sein, können sie sich an ihre Krankenkasse wenden. Seit 2013 ist diese gesetzlich (§ 66 SGB V) verpflichtet, dazu beizutragen, Behandlungsfehlervorwürfe aufzuklären und eventuell daraus entstehende Schadenersatzansprüche durchzusetzen.
Neutraler Gutachter prüft Behandlungsfehlervorwurf
Äußert ein Patient gegenüber der Krankenkasse einen Fehlerverdacht, hilft diese beim Erstellen eines Gedächtnisprotokolls, beschafft notwendige Fallunterlagen und beauftragt schließlich in der Regel den zuständigen Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), ein medizinisches Sachverständigengutachten zu erstellen. Ein Gutachter des MDK bewertet schließlich neutral den Sachverhalt: Er befasst sich mit den vorliegenden Unterlagen (z.B. Operations- und Pflegeberichte, Laborwerte, handschriftliche bzw. elektronische Patientenunterlagen, Gedächtnisprotokoll), vollzieht den Behandlungsverlauf nach und bewertet folgende zentrale Aspekte:
- Liegt ein Behandlungsfehler vor?
- Besteht der Schaden, den der Patient beziehungsweise die Krankenkasse geltend machen?
- Wurde der gesundheitliche Schaden durch den Behandlungsfehler verursacht oder nicht?
Berechtigter Vorwurf in knapp 3.000 Fällen
Im Kalenderjahr 2014 bearbeiteten die 15 MDK insgesamt 14.663 Einzelfälle zu vermuteten Behandlungsfehlern. Die Vorwurfsquote entsprach damit dem Niveau des Vorjahres. Rund ein Drittel aller Vorwurfsfälle betraf den Fachbereich Orthopädie und Unfallchirurgie, gefolgt von den Bereichen Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie Zahnmedizin mit jeweils rund zehn Prozent. Die Pflege belegte mit 590 Fällen (4 %) Platz 6 der Vorwurfsstatistik.
In 10.381 Vorwurfsfällen (70,8 %) konnten die Gutachter einen Behandlungsfehler ausschließen, während 4.282 (29,2 %) der erhobenen Vorwürfe tatsächlich auf einem gutachterlich bestätigten Behandlungsfehler gründeten. Zum Teil zogen bestätigte Behandlungsfehler keine gesundheitlichen Folgen nach sich oder ein nachweislicher Fehler-Schaden-Zusammenhang war nicht vorhanden. In 2.970 Fällen waren jedoch laut Gutachterurteil Behandlungsfehler eindeutig für einen Gesundheitsschaden aufseiten des Patienten verantwortlich – insbesondere, weil indizierte Maßnahmen nicht (42%) oder fehlerhaft (35%) durchgeführt wurden.
Wie bereits in den Vorjahren fällt auf, dass die „Treffsicherheit des Vorwurfs“ im Bereich Pflege besonders hoch war: Die Gutachter bewerteten 57,8 Prozent der Fehlervorwürfe als berechtigt. Ein möglicher Grund: Pflegefehler sind für Patienten anhand der vorliegenden Beschwerden leichter erkennbar.
Quelle
Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) (2015). Behandlungsfehler-Begutachtung der MDK-Gemeinschaft
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