Die Umsetzung des neuen Pflegebegriffs
15.04.2015
Anne-Rose Funk
Der Partei Die Linke geht die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zu langsam. Mit der Neudefinition soll es bei der Pflegeeinstufung gerechter zugehen, was vor allem Demenzkranken zu Gute kommt. In einer kleinen Anfrage an den Bundestag hatte die Partei genaue Angaben zur zeitlichen Umsetzung gefordert. Die Antwort der Regierung ist den Parteimitgliedern jedoch nicht konkret genug.
Die Linken hatten in ihrer Anfrage bemängelt, dass die Bundesregierung mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz zwar Leistungsverbesserungen in der Pflege beschlossen hätte, jedoch fehle es an einem stimmigen Gesamtkonzept für die Umsetzung des Pflegebegriffs. Bereits im Juni 2013 habe ein beauftragter Expertenbeirat ein umfangreiches Konzept mit konkreten Empfehlungen zur Einführung des neuen Pflegebegriffs vorgelegt. Doch habe die Bundesregierung im Frühjahr 2014 noch weitere Erprobungsstudien in Auftrag gegeben.
Zeitangabe zu vage
Offensichtlich sieht sich die Regierung aber gut in der Zeit. Das geht auch aus der Antwort des Bundesgesundheitsministeriums, unterzeichnet von der Parlamentarischen Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU), hervor. Dort heißt es, dass sich die Regierung bei der Zeitplanung an die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags von CDU und SPD halte. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass in dieser Wahlperiode (2013/2017) ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff und das dazugehörige Begutachtungsverfahren umgesetzt werden sollen. Die Linke vermisst in dieser Antwort der Regierung eine konkrete Zeitangabe. Auch befürchten die Parteivertreter, dass es mit der Umsetzung bis 2017 knapp werden könnte. Der Expertenbeirat veranschlagt alleine für die Einführung des neuen Pflegebegriffs einen Zeitraum von eineinhalb Jahren. Einen Gesetzentwurf zum Pflegestärkungsgesetz II, das den neuen Begriff der Pflegebedürftigkeit einführen wird, will Bundesgesundheitsminister Gröhe nun diesen Sommer vorlegen.
Bessere Leistungen kosten Geld
Weiterer Gegenstand der Anfrage der Linken war, wie die neuen Leistungen finanziert werden sollen. Laut Gesundheitsministerium soll die geplante Anhebung des Pflegebeitrags um 0,2 Prozentpunkte dank guter Wirtschaftslage ab 2017 genügen. Die Anhebung ist der zweite Teil einer zweistufigen Beitragserhöhung zur Pflegeversicherung. Die erste Erhöhung ist bereits dieses Jahr zum 1. Januar um 0,3 Prozentpunkte erfolgt.
Neue Pflegegesetze
Mit zwei Pflegestärkungsgesetzen will die jetzige Bundesregierung deutliche Verbesserungen in der pflegerischen Versorgung erreichen.
Das erste Pflegestärkungsgesetz trat am 1. Januar 2015 in Kraft. Es enthält verbesserte Leistungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen und stellt etwa eine Milliarde Euro für zusätzliche Betreuungskräfte in Pflegeeinrichtungen zur Verfügung. Allerdings bleibt offen, woher all die Pflegekräfte kommen sollen.
Mit dem für 2017 geplanten zweiten Pflegestärkungsgesetz soll der Begriff der Pflegebedürftigkeit eingeführt werden. Die bisherige Unterscheidung zwischen Pflegebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen und Demenzkranken soll dadurch wegfallen. Die Zahl der Pflegestufen – künftig Pflegegrade – soll von drei auf fünf ausgeweitet werden, um der individuellen Pflegebedürftigkeit besser gerecht zu werden. Ausschlaggebend dafür, ob jemand pflegebedürftig ist, wird der Grad der Selbstständigkeit und Alltagskompetenz sein: Was kann jemand noch alleine, wo braucht er Unterstützung?
Es werden wohl erst die Änderungen des zweiten Gesetzes sein, die Verbesserungen spürbar bei den Pflegebedürftigen ankommen lassen.
Quellen
- Regierung drückt sich bei der Pflegereform. Ärztezeitung online vom 10.04.2015
- Deutscher Bundestag. Linke wollen Auskunft über Pflegereform. Pressemitteilung vom 26.03.2015
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Im Beitrag „Wie lässt sich Pflegebedürftigkeit messen?“ der Lerneinheit "Statistik für Pflegeberufe" setzt sich die Pflegewissenschaftlerin Sandra Bensch kritisch mit den Methoden zur Messung der Pflegebedürftigkeit auseinander.
