Aktive Sterbehilfe bei Kindern und Jugendlichen
13.02.2014
Thomas Koch
Sollten Mediziner dem Sterbewunsch eines unheilbar kranken Kindes entsprechen, indem sie den Tod durch aktives Zutun herbeiführen? Im Nachbarland Niederlande ist die aktive Sterbehilfe unter Sorgfaltskriterien bei Kindern ab 12 Jahren bereits heute zulässig. Belgische Befürworter gehen einen Schritt weiter und wollen dies auch für jüngere Kinder ermöglichen.
Kaum ein ethisches Thema ist so kontrovers wie die Debatte über Sterbehilfe. Dies zeigt auch die aktuelle Diskussion über die Zulässigkeit der Beihilfe zur Selbsttötung in Deutschland.
Während die aktive Sterbehilfe in Deutschland per Gesetz verboten ist, hat Belgien bereits seit 2002 geregelt, dass Mediziner bei unheilbar kranken Erwachsenen das Sterben aktiv beeinflussen können. Definiert sind Sorgfaltskriterien, die die Ärzte dabei beachten müssen, um sich nicht strafbar zu machen. Dazu zählt, dass der Sterbewillige sich in einer therapeutisch ausweglosen Situation befindet, die von unerträglichem körperlichen oder seelischem Leiden gekennzeichnet ist.
Bei Kindern und Jugendlichen ist die aktive Sterbehilfe auch in Belgien bislang nicht erlaubt. Heute setzt sich das belgische Parlament mit der Frage auseinander, ob nicht auch unheilbar kranke Minderjährige Anspruch darauf haben.
Belgien wäre weltweit erstes Land, das aktive Sterbehilfe für Kinder unter zwölf zulässt
Die Debatte im belgischen Parlament ist laut Medienberichten gespalten. Während Christdemokraten verhindern wollen, dass die Entscheidung zugunsten aktiver Sterbehilfe ausfällt, hat sich der Senat bereits einmal dafür ausgesprochen. Es scheint wahrscheinlich, dass er dies ein zweites Mal tut. Belgien wäre damit weltweit das erste Land, in dem aktive Sterbehilfe für Kinder unter zwölf Jahren möglich ist. In den Niederlanden ist es Kindern und Jugendlichen erst ab diesem Alter erlaubt, aktive Sterbehilfe zu erhalten, wenn die Sorgfaltskriterien dies zulassen.
Formen der Sterbehilfe und deren Zulässigkeit in Deutschland
In der Diskussion zur Sterbehilfe lassen sich die passive, indirekte und aktive Sterbehilfe sowie die Beihilfe zum Suizid unterscheiden. Wenn Ärzte bei unheilbar Kranken darauf verzichten, lebensverlängernde Maßnahmen einzuleiten oder solche Maßnahmen abbrechen, ist dies die passive Sterbehilfe. Diese ist in Deutschland nicht strafbar, wenn der Patient die Behandlung ablehnt.
Wenn der Patient seinen Willen nicht mehr äußern kann, gilt es, seinen mutmaßlichen Willen zu ergründen. Von aktiver Sterbehilfe ist die Rede, wenn ein unheilbar Kranker auf dessen Wunsch hin getötet wird. In Deutschland ist die aktive Sterbehilfe verboten. Sie wird als „Tötung auf Verlangen“ nach Paragraph 216 Strafgesetzbuch (StGB) oder als „Totschlag“ nach Paragraph 212 StGB geahndet.
Wenn Ärzte die Leiden von unheilbar Kranken mit einer medizinisch indizierten Schmerztherapie lindern, dabei aber unbeabsichtigt auch das Leben ihrer Patienten verkürzen, handelt es sich um indirekte Sterbehilfe. Dank palliativmedizinischer Therapiemaßnahmen kommt das heute kaum noch vor. Indirekte Sterbehilfe ist in Deutschland straffrei.
Wenn ein Arzt seinem Patienten ein tödliches Medikament zwar besorgt, aber nicht verabreicht, spricht man von Beihilfe zum Suizid. Entscheidend ist, dass der Patient das Sterbemittel selbst einnimmt. Da eine Selbsttötung nicht strafbar ist, würde sich in einem solchen Fall auch ein deutscher Arzt nicht automatisch strafbar machen. Sobald der Patient aber bewusstlos ist, müsste sein Sterbehelfer nach deutschem Recht rettend einschreiten, da er sich sonst der unterlassenen Hilfeleistung schuldig macht.
Quellen
- Benjamin Dürr. Sterbehilfe in Belgien: Entscheidung über Leben und Tod von Kindern. 12.02.2014
- Tobias Müller. Sterbehilfe in Belgien. Ab welchem Alter dürfen Ärzte Kindern beim Sterben helfen? 13.02.2014
Mehr zum Thema in CNE.online
Kaum ein Thema wird derzeit in Deutschland so kontrovers diskutiert wie das Thema Patientenverfügung und Sterbehilfe. Ausgelöst wurde die Diskussion auch durch uneinheitliche Entscheidungen der obersten Gerichte.
Die Lerneinheit "Die Patientenverfügung" informiert Sie umfassend zu praktischen, rechtlichen und ethischen Fragen.