Krankenhäuser in privater Trägerschaft
25.06.2015
Anna Prager
Die zunehmende Privatisierung von Krankenhäusern sorgt in Deutschland für kontroverse Diskussionen. Kritiker sehen die qualitativ hochwertige und flächendeckende Krankenhausversorgung durch das Gewinnstreben privater Kliniken gefährdet. Nun zeigte eine Studie: Krankenhäuser in privater Trägerschaft sind finanzkräftiger und rentabler, ohne Einbußen in Bezug auf Ausstattung, Patientenzufriedenheit und Behandlungsqualität in Kauf zu nehmen.
Seit Anfang der 90er-Jahre ist in Deutschland ein vermehrter Trägerwechsel von Krankenhäusern hin zu privaten, gewinnorientierten Unternehmen zu beobachten. Private Krankenhäuser unterscheiden sich von kommunalen und freigemeinnützigen vor allem durch den Einsatz von privatem Eigenkapital im Unternehmen. Während kommunale und freigemeinnützige Kliniken auf knappe öffentliche Fördermittel und auf Fremdkapital angewiesen sind, können gewinnorientierte Krankenhäuser Kapital am Kapitalmarkt akquirieren und verfügen so über eine gesteigerte Investitionskraft. Unabhängiger von kommunalpolitischen Entscheidungen fällt es dem Management privater (teilweise auch freigemeinnütziger) Krankenhäuser außerdem leichter, Rationalisierungspotenziale zu identifizieren und zu realisieren.
Vermutete Zielkonflikte im Fokus
Trotz alledem sorgt die Privatisierungsentwicklung in Deutschland unter Akteuren im Gesundheitswesen für kontroverse Diskussionen. Kritiker befürchten Zielkonflikte zwischen der Gewinnerzielungsabsicht privater Krankenhausträger einerseits und der Bereitstellung einer bedarfsgerechten, qualitativ hochwertigen und flächendeckenden Krankenhausversorgung andererseits. Ob diese Befürchtungen berechtigt sind, überprüfte nun das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) mit seiner Studie „Krankenhäuser in privater Trägerschaft", die auf einem Projekt im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Privatkliniken e.V. (BDPK) basierte. Ziel war es, die Krankenhausprivatisierung in Deutschland wissenschaftlich fundiert zu bewerten und zur Versachlichung der Debatte beizutragen. Bereits 2009 und 2012 hatte das RWI mit den Faktenbüchern „Bedeutung der Krankenhäuser in privater Trägerschaft“ detaillierte Analysen zur Privatisierung von Krankenhäusern durchgeführt. Im Rahmen der dritten Auflage schufen die Studienverantwortlichen eine aktuelle Datenbasis aus dem Jahr 2012/2013 und griffen zudem aktuelle Debatten auf. Hierzu zählen insbesondere die Notfallversorgung, der Einsatz von Pflegekräften, die nachhaltige Investitionsfinanzierung sowie die Qualität in deutschen Krankenhäusern.
1.487 Krankenhäuser im Vergleich
Für seine Analysen bezog das RWI alle mit einem Versorgungsauftrag ausgestatteten Krankenhäuser ein, die nach DRGs abrechnen. Ausgeschlossen blieben hingegen, weil nicht vergleichbar, Universitätskliniken, psychiatrische oder psychotherapeutische Kliniken sowie reine Tages- und Nachtkliniken. Die Datengrundlage bildeten vor allem die amtlichen Krankenhausdaten des Statistischen Bundesamtes. Diese umfassten für das Jahr 2013 1.487 Krankenhäuser – darunter 391 in privater, 607 in freigemeinnütziger und 489 in öffentlicher-rechtlicher Trägerschaft. Als weitere Informationsquellen dienten die Jahresabschlüsse der Krankenhäuser, Daten aus den Qualitätsberichten, vom Wissenschaftlichen Institut der AOKen und der Techniker Krankenkasse. Auf dieser Datenbasis bereitete das RWI schließlich zahlreiche Krankenhaus-Kennziffern aus den Jahren 2005 bis 2013 trägerspezifisch auf und wertete diese aus.
Qualität und Zufriedenheit trotz Gewinnstreben
Im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit der einbezogenen Krankenhäuser zeigte sich, dass Krankenhäuser in privater Trägerschaft im Vergleich zu freigemeinnützigen oder öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern im Durchschnitt finanzkräftiger sind und rentabler arbeiten. Sie zahlen aufgrund höherer Jahresüberschüsse mehr Steuern, tätigen höhere Investitionen in die medizinische Infrastruktur und sind dabei deutlich ertragskräftiger als nicht-gewinnorientierte Krankenhäuser. Im Jahr 2013 waren lediglich 7 Prozent der privaten Krankenhäuser investitionsunfähig, während dies auf kommunale (62 Prozent) und freigemeinnützige (40 Prozent) Krankenhäuser erheblich häufiger zutraf.
Im Hinblick auf die Qualität der medizinischen Behandlung in gewinnorientierten gegenüber Krankenhäusern in nicht-privater Trägerschaft konnten die Studienverantwortlichen keine signifikanten Unterschiede identifizieren. Analysierte Indikatoren einer schlechteren Versorgungsqualität – darunter postoperative Wundinfektionen, Todesfälle und Dekubiti bei Entlassung – offenbarten bezogen auf die Trägerschaft keine erheblichen Abweichungen. Die Zufriedenheit der Patienten lag, bezugnehmend auf die Patientenbefragungen der Techniker Krankenkasse von 2006 bis 2013, bei allen Trägern durchschnittlich bei rund 77 bis 80 Prozent. Auch in Bezug auf die Ausstattung, Teilnahme an der Notfallversorgung sowie die pflegerische Betreuungsrelation schnitten private Krankenhäuser gegenüber Kliniken anderer Träger nicht schlechter ab.
Quellen
- Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.). Krankenhäuser in privater Trägerschaft 2015. RWI Materialien 2015, Heft 89
- Rheinisch-westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI): Pressemitteilung vom 24.06.2015
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