Zahl der Operationen variiert bundesweit erheblich
17.09.2014
Thomas Koch
Studien der OECD und der Bertelsmann Stiftung belegen, dass die Zahl der operativen Eingriffe mancherorts erheblich vom bundesweiten Durchschnitt abweicht. So entfernen Ärzte die Mandeln bei Kindern in Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz) bis zu acht Mal häufiger als etwa in Sonnenberg (Thüringen). OECD-Direktor Mark Pearson spricht in einer Presseerklärung von erheblichen „Qualitäts-, Effizienz- und Gerechtigkeitsproblemen“.
Auch bei Eingriffen an Blinddarm, Prostata oder Gebärmutter weisen die Studienergebnisse ähnlich hohe Unterschiede wie bei der Tonsillektomie auf. Detaillierte Angaben zu den regionalen Abweichungen bei verschiedenen Operationen veröffentlicht die Bertelsmann Stiftung seit 2007 jedes Jahr im „Faktencheck Gesundheit“. Der Vergleich mit den vorausgehenden Jahren zeige, dass die regionalen Unterschiede nahezu unverändert fortbestehen. Die Wissenschaftler vermuten daher, dass verschiedene Regionen Deutschlands durchweg unter- oder überversorgt sind. Für Dr. Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung, könne dies nicht nur durch die „medizinische Notwendigkeit“ erklärt werden.
Ursachen bislang wenig erforscht
Während sich die Bertelsmann-Studie auf die Häufigkeit der Operationen in Deutschland konzentriert, analysierten die Wissenschaftler der OECD-Studie die Verteilungsunterschiede in anderen europäischen Ländern wie Frankreich, Spanien und England. Auch dort weisen Regionen ähnliche Abweichungen auf wie in Deutschland. Die Autoren der OECD- und Bertelsmann-Studie rufen Ärztekammern, Fachgesellschaften und Aufsichtsbehörden dazu auf, die tatsächlichen Gründe für diesen Missstand zu analysieren. Fehlende medizinische Leitlinien könnten die regionalen Abweichungen aus Sicht der Wissenschaftler beeinflussen.