Zu früh in die Reha
06.08.2015
Kristina Mohr
Orthopäden und Unfallchirurgen kritisieren, dass Akut-Kliniken ihre Patienten immer früher in Rehabilitationskliniken entlassen. Im Vorfeld des Deutschen Kongresses für Orthopädie (DKOU) und Unfallchirurgie forderten die Mediziner, die Rahmenbedingungen von Reha-Leistungen neu zu ordnen.
Nach Meinung der Orthopäden und Unfallchirurgen entlassen Kliniken ihre Patienten aus Kostengründen zu früh. Das Fallpauschalen-System setze den falschen Anreiz – zum Nachteil von Patienten und Reha-Einrichtungen. Insbesondere ältere Menschen, die ein neues Hüft- oder Kniegelenk bekommen haben, schicken Akutkliniken zu schnell in die Reha. Ihr durchschnittlicher Aufenthalt im Krankenhaus habe sich zwischen 2003 und 2011 um etwa 5 Tage reduziert.
Nutzen für Patient und Volkswirtschaft
„Für viele Senioren ist eine Reha die einzige Chance, wieder in ihr altes Leben zurückzukehren“, so Dr. med. Hans-Jürgen Hesselschwerdt, einer der Kongresspräsidenten des DKOU 2015, in einer Pressemitteilung. Davon profitiert nicht nur der Patient: Einer Studie des Prognos-Instituts zufolge erhält die Volkswirtschaft für jeden in die Rehabilitation investierten Euro fünf Euro zurück.
Index für Reha-Fähigkeit
So wichtig eine Rehabilitation ist – diese zu früh zu beginnen, kann für den Patienten Nachteile haben: „Etwa jeder vierte Patient benötigt ein umfangreiches medizinisches Monitoring in engem Austausch mit dem Operateur. Vereinzelt sind auch Rückverlegungen bei Komplikationen notwendig“, sagt Hesselschwerdt. Zwar seien Rehakliniken auf den erhöhten medizinischen und pflegerischen Aufwand eingestellt, in den Reha-Sätzen werde dieser aber nicht abgebildet. Hesselschwerdt fordert deshalb verbindliche Kriterien, wann frisch operierte Patienten rehafähig sind: „Wir brauchen einen Index, der den Zustand der Patienten erfasst und der an einen bestimmten Reha-Satz gekoppelt ist, analog dem neurologischen Phasenmodell.“
Quelle
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2015. Fallpauschalen liefern falsche Anreize. Pressemittelung vom 3. August 2015.
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