Keime: Unter doppeltem Beschuss
23.10.2015
Kristina Mohr
Die Behandlung einer bakteriellen Infektion mit zwei Antibiotika, die in schnellem Wechsel gegeben werden, hat deutliche Vorteile: Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) konnten zeigen, dass ein solches sogenanntes Antibiotika-Cycling nicht nur hochwirksam gegen Keime ist, sondern gleichzeitig Bakterien dabei behindert, Resistenzen gegen Antibiotika aufzubauen.
Das Spektrum an wirksamen Antibiotika wird immer kleiner. Daraus resultiert eine zunehmende Gefahr für die öffentliche Gesundheit. Neben der Erforschung neuer Wirkstoffe sind Möglichkeiten, die die Wirksamkeit der noch zur Verfügung stehenden Antibiotika erhalten, deshalb von großer Wichtigkeit. Roderich Römhild, Erstautor der Studie, sagte in einer Pressemitteilung: „Die Entwicklung neuer Medikamente wird nicht mit der Geschwindigkeit mithalten können, mit der die Evolution der Krankheitserreger neue Behandlungsresistenzen hervorbringt. Unser Ansatz zielt daher darauf ab, die bereits bestehenden Wirkstoffe sinnvoller einzusetzen.“
Wechsel alle 12 Stunden
Zwei verschiedene Antibiotika im Wechsel einzusetzen, ist im Behandlungsalltag bereits üblich. Allerdings wird oft jedes Medikament für mehrere Wochen am Stück gegeben. Die Forscher der Arbeitsgruppe Evolutionsökologie und Genetik der CAU fanden nun heraus, dass diese Intervalle wahrscheinlich zu lang sind. In ihrem Evolutionsexperiment setzten die Wissenschaftler zwei in der klinischen Praxis gebräuchliche Antibiotika gegen den häufig multiresistenten Keim Pseudomonas aeruginosa ein. Sie wechselten die beiden Medikamente alle 12 Stunden und verglichen die Wirkung mit der dauerhaften Gabe eines einzelnen Präparats.
Bakterien überfordert
Der schnelle Wechsel erwies sich als besonders wirksam im Experiment. Bakterien seien in der Lage, bereits innerhalb weniger Tage, manchmal sogar Stunden, Resistenzen auszubilden. Die zeitlich komplexere Umgebung, wie sie durch die Wechselgabe entsteht, schien jedoch im Test die Resistenzbildungsmechanismen des Keims zu überfordern. Außerdem überraschte die Forscher, dass sie mit einer verhältnismäßig geringen, nicht-tödlichen Antibiotika-Dosierung trotzdem durch den schnellen Wechsel die Bakterienpopulationen eliminieren konnten.
Quellen
- CAU. Neue Strategie in der Bekämpfung von Antibiotika-resistenten Krankheitskeimen. Pressemitteilung vom 16. Oktober 2015.
- Römhild R et al. Temporal variation in antibiotic environments slows down resistance evolution in pathogenic Pseudomonas aeruginosa. Evolutionary Applications 2015. DOI: 10.1111/eva.12330
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