Migranten wünschen sich mehr Hilfen im Pflegefall
05.11.2014
Thomas Koch
37 Prozent von 178 älteren Migranten stufen ihre derzeitige Pflegesituation als unzureichend ein. Während sich ein Viertel der türkischstämmigen Menschen mehr Hilfen beim Baden und Duschen wünscht, suchen andere vor allem Unterstützung im Haushalt. Dies sind Ergebnisse einer Studie, die im Auftrag des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) durchgeführt wurde.
Forscher des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften der Charité Universitätsmedizin Berlin wollten mehr über die Pflegesituation von türkischstämmigen Migranten in Deutschland erfahren. Sie befragten insgesamt 194 Menschen im Alter zwischen 59 und 88 Jahren. Ein Viertel der in Berlin lebenden Teilnehmer erhält professionelle Pflege und ist in eine Pflegestufe eingruppiert. Mehr als drei Viertel der auf Hilfe angewiesenen Personen erfahren Unterstützung im Alltag durch Familie, Freunde oder Nachbarn.
Mangelndes Vorwissen über mögliche Angebote der Pflege
Die Analyse der Umfrage zeigte, dass viele Teilnehmer nicht gut über das Thema Pflege im Alter informiert sind. So war 58 Prozent unklar, was eine Pflegestufe ist und welche Leistungen sie von der Pflegeversicherung erwarten können. Von den pflegebedürftigen Teilnehmern hätten laut den Studienautoren 24 Prozent Anspruch auf Leistungen, die sie bislang aber nicht geltend gemacht haben. 35 Prozent wussten nicht, dass es auch Einrichtungen in der Pflege gibt, die auf die Bedarfe türkischstämmiger Menschen spezialisiert sind. 70 Prozent sind nicht über das Angebot einer Pflegeberatung informiert.
Kulturelle Bedürfnisse in der Pflege beachten
Die Befragten sollten beurteilen, was eine gute professionelle Pflege für sie ausmacht. 79 Prozent ist es wichtig, dass die Pflegenden auch türkisch sprechen. Während 47 Prozent denken, dass sie selbst über mittelmäßige Deutschkenntnisse verfügen, glauben 35 Prozent, dass diese zu gering sind. 72 Prozent wollen bei der Körperpflege durch Pflegende des gleichen Geschlechts unterstützt werden. 89 Prozent wünschen sich, dass professionell Pflegende die Wohnung nicht mit Straßenschuhen betreten, nahezu ebenso viele wollen, dass die kulturellen Essgewohnheiten berücksichtigt werden.
Unterstützung in der Pflege und im Alltag
Von den auf Hilfe angewiesenen Personen wünschen sich 25 Prozent mehr professionelle Hilfe beim Baden oder Duschen, 20 Prozent benötigen Unterstützung beim An-und Auskleiden. Etwas höher scheint der Bedarf bei Angeboten zu sein, die nicht die körpernahe Pflege betreffen. So geben 39 Prozent an, dass sie gerne Hilfe bei Arbeiten im Haus oder Garten hätten. 34 Prozent könnten Unterstützung bei bürokratischen Angelegenheiten gebrauchen.
Professionelle Pflege von den meisten gewünscht
Insgesamt sprechen sich die Befragten mehrheitlich für professionelle Pflegeleistungen aus (89 Prozent). 77 Prozent erwarten Hilfe bei der Pflege- und Sorgearbeit durch ihren Ehepartner, 47 Prozent wünschen sich dies im Pflegefall von ihren Kindern. Rund ein Drittel lehnt es allerdings umgekehrt ab, von ihren Söhnen oder Töchtern versorgt zu werden. Die ambulante häusliche Pflege würden knapp 75 Prozent der Teilnehmer in Anspruch nehmen. Geschlechtsspezifische Unterschiede zeigten sich bei der Beurteilung der stationären Pflege: Während sich 28 Prozent der Männer vorstellen können, in einer Langzeitpflegeeinrichtung versorgt zu werden, kommt dies nur für 15 Prozent der Frauen in Frage.
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