Krebsdiagnostik: Antikörper als Spion
04.08.2015
Kristina Mohr
Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) haben eine neue Methode für die Tumordiagnose entwickelt. Gemeinsam mit Kollegen der Universitäten Zürich und Bochum testeten sie diese nun erstmals erfolgreich an Mäusen. Das Verfahren könnte es künftig ermöglichen, Krebsgeschwüre in kurzer Zeit deutlich im CT- oder Röntgen-Bild zu visualisieren. Auch den Tumor therapeutisch wirksam von innen zu bestrahlen, halten die Forscher in der Zukunft für realistisch.
Das menschliche Immunsystem bildet Antikörper gegen Krankheitserreger. Antikörper lassen sich aber auch im Labor herstellen, spezifisch für einen bestimmten Zelltyp. In der Krebsforschung setzen Wissenschaftler sie ein, um bösartige Tumoren aufzuspüren und zu bekämpfen. Zum Beispiel können Antikörper Radionuklide zu den betroffenen Regionen im Körper transportieren.
Zu langsam und zu groß
Das Problem bisher: Antikörper plus radioaktives Material haben zusammen eine recht große molekulare Masse. Sie zirkulieren deshalb sehr lange im Körper, bis sie dort angekommen sind, wo sie hin sollen. Das habe zum einen den Nachteil, dass nicht betroffene Organe ebenfalls Strahlung abbekämen. Zum anderen erschwere es die genaue Lokalisierung des Tumors im Körper, da die Bildgebung unschärfer wird.
Erst Spione – dann Kampftruppen
Die Lösung der Forscher: Die Aufgaben der Antikörper in zwei Schritte teilen. Zunächst injizierten die Wissenschaftler einen Antikörper, der die Tumorzellen aufspüren sollte. Für dieses „Pre-Targeting“ genannte Verfahren verwendeten sie den Antikörper Cetuximab, der gezielt an den Rezeptoren des Epidermalen Wachstumsfaktors (EGFR) andockt. Bei vielen Tumorarten wird dieses Molekül verstärkt gebildet oder liegt in mutierter Form vor, sodass die Zellen unkontrolliert wachsen und sich vermehren. Dr. Kristof Zarschler vom Institut für Radiopharmazeutische Krebsforschung am HZDR erklärt in einer Pressemitteilung: „Im übertragenen Sinn senden wir zuerst Spione voraus, die den Feind – die Tumorzellen – über einen längeren Zeitraum auskundschaften. Deren Position teilen sie danach ihren Truppen, die wir später nachschicken, mit, sodass sie direkt mit den radioaktiven Stoffen dorthin gelangen.“
Geringere Strahlenbelastung für gesundes Gewebe
Bei den nachgeschickten „Truppen“ handelt es sich um radioaktiv markierte Sonden, die von den Antikörpern am Tumor angezogen werden. Laut den Wissenschaftlern hätten sich die beiden Teile schnell gefunden. Schon nach 60 Minuten sei das radioaktive Material aus dem Blutkreislauf verschwunden. Bis die neue Methode bei Menschen zum Einsatz kommt, wird nach Ansicht der Forscher jedoch noch einige Zeit vergehen. Zunächst müssten weitere präklinische Studien folgen.
Quellen
- Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf. Molekularer Spion gegen Krebs . Pressemitteilung vom 3. August 2015.
- Leonidova C, Foerster K, Zarschler M et al. In vivo demonstration of an active tumor pretargeting approach with peptide nucleic acid bioconjugates as complementary system. Chemical Science 2015 DOI: 10.1039/c5sc00951k.
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