Wie informieren sich Krebskranke?
27.04.2015
Trotz der vielfältigen Informationsmöglichkeiten im Internet bleibt das direkte Gespräch mit dem Arzt oder der Pflegekraft für viele Krebspatienten die bedeutendste Informationsquelle. Selbsthilfegruppen und das Internet beziehungsweise Online-Foren werden einer Studie in der Fachzeitschrift „DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift“ zufolge von den zumeist älteren Patienten bisher wenig genutzt.
Die Behandlung von Krebserkrankungen ist komplex. Viele Patienten benötigen nach einer Operation noch eine Chemotherapie oder eine Bestrahlung. Der Nationale Krebsplan der Bundesregierung sieht vor, dass Krebspatienten aktiv in die Planung ihrer Krebstherapie einbezogen werden. Dies setzt voraus, dass Patienten und Angehörige über die Behandlungsmöglichkeiten informiert sind. Die Deutsche Krebshilfe und die Deutsche Krebsgesellschaft bieten Patienten seit längerem eine Reihe von Informationsmöglichkeiten an. Neben einer telefonischen Beratung und psychosozialen Diensten gehören dazu auch regelmäßige Informationsveranstaltungen.
Ein Team um Privatdozentin Jutta Hübner vom Dr. Senckenberg Chronomedizinischen Institut an der Uni Frankfurt/Main hat in einer Umfrage untersucht, ob diese Angebote im Zeitalter des Internets noch aktuell sind. Dazu wurden 258 Besucher von vier Informationsveranstaltungen befragt, darunter waren 226 Patienten und 32 Angehörige. Die meisten waren mit dem Informationsangebot sehr zufrieden. Fast 50 Prozent vergaben die Schulnote zwei, weitere 30 Prozent sogar die Note eins. Nach der bevorzugten Informationsquelle gefragt, nannten 70 Prozent der Patienten das direkte Gespräch mit dem Arzt oder der Pflegekraft. Fast die Hälfte wendet sich Selbsthilfegruppen zu und ein Viertel sucht den Kontakt zu einer Krebsberatungsstelle. Das Internet wurde nur von etwas über 20 Prozent als bevorzugte Informationsquelle genannt.
Die geringe Bedeutung des Internets erklärt sich Dr. Hübner durch das Alter der Patienten. Krebs sei eine Erkrankung des höheren Lebensalters. Auch in der Umfrage waren zwei Drittel über 60 Jahre alt. Diese Teilnehmer messen dem persönlichen Gespräch eine deutlich höhere Bedeutung zu als die jüngeren Altersgruppen, schreibt die Forscherin. Das Internet habe für diese Gruppe derzeit eine wesentlich geringere Bedeutung: Drei Viertel der über 60-jährigen Teilnehmer hielten das Internet für unwichtig.
Nach Ansicht von Dr. Hübner darf die Information von Krebspatienten heute nicht den Online-Medien überlassen bleiben. Ärzte, Pflegekräfte und Institutionen sollten sich der Bedeutung des direkten Gesprächs bewusst sein, sodass es genügend Raum und Zeit für die Information gebe. Ärzte und Pflegekräfte würden neben der fachlichen Expertise auch kommunikative Kompetenz benötigen, um Krebspatienten und ihre Angehörigen umfassend zu informieren.
In einigen Jahren werden auch die Jahrgänge, die beruflich und privat mit dem Internet vertraut sind, das Alter erreichen, in dem viele an Krebs erkranken. Auch diese Gruppe wird eine individuelle Beratung schätzen, sagt die Expertin voraus. Sie rät zu einem „Tailoring“, der Anpassung der Angebote auf verschiedene Nutzergruppen. Wichtig sei auch eine „Interaktivität“, bei der die Patienten Rückmeldungen auf gezielte Fragestellungen erhalten. Bewährte Institutionen wie die Deutsche Krebshilfe und die Deutsche Krebsgesellschaft könnten hier ihre Expertise und hohe Vertrauenswürdigkeit nutzen, um ein hochwertiges Informationsangebot zu schaffen, erklärt Dr. Hübner.
Quelle
Rudolph I et al. Der Informationsbedarf von Patienten mit Krebserkrankungen in Deutschland – eine Befragung von Patienten und Angehörigen. DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2015; 140 (5); e43-e47
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