Gegen Gewalt in der Pflege
17.06.2015
Anna Prager
Anlässlich des Welttages gegen die Misshandlung älterer Menschen am 15. Juni veröffentlichte das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) den Themenreport „Gewaltprävention in der Pflege“. Mit Herausgabe des Reports brachte das ZQP ein mehrjähriges Projektvorhaben zu Ende, dessen Ziel es war, eine solide Wissensbasis über Gewaltphänomene in der Pflege zu schaffen und so deren wirksame Prävention zu fördern.
Obwohl das Thema Gewalt gegen ältere pflegebedürftige Menschen in den letzten Jahren national wie international zunehmend an Aufmerksamkeit gewann, sind vorherrschende Erfahrungen und Einstellungen in der Bevölkerung weitgehend unbekannt. Das gesellschaftliche Problembewusstsein für Gewaltphänomene in der Pflege scheint eher unterentwickelt und problematische Beziehungskonstellationen weitgehend tabu zu sein.
Vor diesem Hintergrund brachte das ZQP 2012 ein mehrjähriges Projekt „Gewaltprävention in der Pflege“ auf den Weg. Die Ziele bestanden vor allem darin, gesellschaftliche Einstellungen, Erfahrungen und Bewertungen zum Thema „Gewalt im Kontext Pflege“ abzubilden und Potenziale präventiver Maßnahmen und konkreter Entlastungsmöglichkeiten zu identifizieren.
Unterschätzter Handlungsbedarf
Die Ergebnisse der projektzugehörigen Studien bestätigten, dass das Thema Gewalt gegen alte und pflegebedürftige Menschen in der Gesellschaft nicht die nötige Wahrnehmung und Relevanz erfährt. So sahen lediglich 34 Prozent der Teilnehmer einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung Handlungsbedarf bei der Vermeidung von Gewalt gegen alte Menschen; ebenso hoch schätzten die Befragten die Dringlichkeit im Hinblick auf den Schutz von Tieren vor Gewalt ein. Insbesondere die Vulnerabilität der Gruppe demenziell erkrankter Menschen scheint in der Gesellschaft nicht ausreichend bekannt zu sein: Lediglich ein Zehntel der Befragten erachtete die Vermeidung von Gewalt gegenüber Demenzkranken als handlungsbedürftig.
Auch im konkreten Vergleich verschiedener Versorgungsaspekte pflegebedürftiger Menschen sahen die Studienteilnehmer im Zusammenhang mit Gewalthandlungen einen verhältnismäßig geringen Verbesserungsbedarf. Nur 18 Prozent der Befragten waren der Meinung, der Schutz vor Gewalt und Aggression müsse verstärkt werden; 19 Prozent plädierten für eine bessere Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen. Deutlich höher bewerteten die Teilnehmer das Verbesserungspotenzial in den Bereichen Individualität (43 Prozent), Selbstständigkeit (47 Prozent) sowie Zuwendung und Kommunikation (69 Prozent).
Problematisieren statt Tabuisieren
Um dem geringen Problembewusstsein in der Gesellschaft entgegenzukommen und dem dringenden Aufklärungsbedarf beim Thema Pflege und Gewalt gerecht zu werden, veröffentlichte das Zentrum für Qualität in der Pflege im Juli 2014 ein umfassendes informatives Internetportal zur Gewaltprävention in der Pflege. Neben wissenschaftlich fundierten Hintergrundinformationen bietet es ausgewählten Zielgruppen praktische Tipps zur Prävention sowie praxisnahe Handlungsempfehlungen.
Den letzten Meilenstein seines Projektvorhabens hat das ZQP nun mit Herausgabe des kostenfreien Themenreports „Gewaltprävention in der Pflege“ abgeschlossen. Über die Informationen aus dem Internetportal hinaus enthält der Report zahlreiche Beiträge ausgewählter Experten. Er unterstreicht die Bemühungen des ZQP, einen offenen, transparenten und kritischen Austausch zu ermöglichen und so den Grundstein für eine wirksame Prävention zu legen. „Denn Aggression und Gewalt im Kontext Pflege dürfen wir weder ignorieren noch tabuisieren“, appelliert Dr. Ralf Suhr, Vorsitzender des Vorstands des Zentrums für Qualität in der Pflege, im Vorwort des Reports. „Es ist unsere Pflicht, zur Entschärfung beizutragen.“
Quellen
- ZQP-Themenreport. Gewaltprävention in der Pflege.
- Projektbeschreibung „Gewaltprävention in der Pflege“
- Internetportal Gewaltprävention in der Pflege
Mehr in CNE.online
Informieren Sie sich in der Lerneinheit „Aggression und Gewalt in der Pflege“ über Ursachen und Erscheinungsformen problematischer Pflegesituationen sowie über Möglichkeiten der Prävention.
