Große Unterschiede zwischen Jung und Alt
07.04.2015
Anne-Rose Funk
In den letzten 20 Jahren hat sich das Überleben von Frauen mit metastasiertem Brustkrebs deutlich verbessert. Eine Studie aus den Niederlanden zeigt jedoch, dass dies nur auf jüngere Frauen zutrifft. Ältere haben durch den medizinischen Fortschritt offenbar keinen Vorteil.
Bei der Behandlung von Brustkrebs konnten in den letzten zwanzig Jahren große Erfolge erzielt werden. Selbst bei metastasiertem Brustkrebs Stadium IV (TNM-Klassifikation) geht die Sterblichkeit seit 1990 jedes Jahr um zwei Prozent zurück. Doch scheinen ältere Frauen nicht von der medizinischen Weiterentwicklung zu profitieren, wie Wissenschaftler der Universität Leiden (Niederlande) in einer Beobachtungsstudie zeigen konnten. Frauen, die älter als 75 Jahre sind, sterben demnach heute noch genauso häufig an ihrem Krebs wie zu Beginn der 1990er Jahre. Dies stellten die Wissenschaftler um Nienke de Glas sowohl für das Gesamtüberleben als auch für das relative Überleben fest, welches das beobachtete Überleben von den erkrankten Patientinnen im Vergleich zum erwarteten Überleben in der allgemeinen Bevölkerung ins Verhältnis setzt.
Für ihre Studie werteten de Glas und ihre Kollegen vom medizinischen Zentrum der Universität Leiden Daten von 14.310 Patientinnen aus, bei denen im Zeitraum von 1990 bis 2012 Brustkrebs im Stadium IV mit Fernmetastasen diagnostiziert worden war. Die Daten stammten aus dem nationalen Krebsregister der Niederlande. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, inwieweit neue Behandlungsstrategien bei metastasiertem Brustkrebs das Gesamtüberleben verbessern konnten und ob alle Altersgruppen gleichermaßen vom medizinischen Fortschritt profitieren.
Alter beeinflusst Therapieentscheidung
Wenig überraschend war der Blick auf angewandte Therapien: Ältere Frauen wurden anders behandelt als jüngere. Frauen unter 65 wurden fast doppelt so oft operiert wie Frauen über 75 (32 gegenüber 17 Prozent). Ein ähnliches Missverhältnis gab es bei der Strahlentherapie. Während 17,7 Prozent der jüngeren Patientinnen eine Strahlentherapie erhielten, waren es bei den älteren nur 8,2 Prozent. Auch erhielten Ältere viel seltener eine Chemotherapie, obwohl in dem beobachteten Zeitraum von 1990 bis 2012 die Chemotherapie immer stärker genutzt wurde. Ältere Patientinnen erhielten dafür häufiger eine Antihormontherapie.
Da Operationen, Strahlen- und Chemotherapie eine große Belastung sind, könnte es sein, dass Ärzte in deren Anwendung bei älteren Menschen eher zurückhaltend sind, vermuten de Glas und ihre Kollegen. Auch könnten Patientinnen aufgrund ihres höheren Alters eher an unerwarteten toxischen Nebenwirkungen versterben als jüngere.
Ausblick
In einer kürzlich begonnenen Beobachtungsstudie beziehen die niederländischen Wissenschaftler nun auch geriatrische Aspekte mit ein. Erfasst werden dabei kognitive, funktionelle und psychologische Veränderungen sowie die Lebensqualität älterer Frauen mit metastasiertem Brustkrebs. Laut Nienke de Glas soll bei allen künftigen Studien der Blick stärker auf die Gesamtkonstitution und Risikofaktoren der Patienten gerichtet werden, um besser vorhersagen zu können, welche Patienten von bestimmten Therapien am meisten profitieren.
Quelle
N.A. de Glas, E. Bastiaannet, A.J.M. de Craen, C.J.H. van de Velde, S. Siesling, G.J. Liefers, J.E.A. Portielje. Survival of older patients with metastasised breast cancer lags behind despite evolving treatment strategies – A population based study. EJC Feb.2015; 51(3):310-316.
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