Viele Patientenverfügungen sind zu ungenau
17.08.2016
Danilo Michalski
Wer eine Vorsorgevollmacht oder eine Patientenverfügung ausfüllt, muss sein Anliegen möglichst präzise formulieren. Dies geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 6.7.2016 hervor. Viele Formulierungen seien zu allgemein und hätten rechtlich damit keine Gültigkeit.
Vor dem Bundesgerichtshof sorgte in den vergangenen Tagen der Fall einer komatösen Patientin für Aufsehen. Sie erlitt 2011 einen Hirnschlag, gefolgt von mehreren epileptischen Anfällen, in deren Folge sie zunächst die Fähigkeit zu sprechen, und schließlich das Bewusstsein verlor. Eine Verbesserung des Gesundheitszustands schlossen die behandelnden Ärzte aus. Bereits 2003 hatte die Frau eine Patientenverfügung ausgefüllt, die in einem solchen Fall das Beenden der lebenserhaltenden Maßnahmen vorsah. Ihre bevollmächtigte Tochter weigerte sich jedoch, diesen Schritt durchzuführen. Dagegen klagten nun die beiden anderen Töchter der Komapatientin vor dem Bundesgerichtshof.
Bundesgerichtshof fehlt es an Eindeutigkeit
Die Patientenverfügung der Frau schreibt vor, dass lebenserhaltende Maßnahmen einzustellen sind, wenn „vitale Körperfunktionen dauerhaft und ohne Aussicht auf Besserung ausfallen“ oder „aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns“ zurückbleibt. Den Karlsruher Richtern waren diese Aussagen nicht präzise genug. Es sei unklar, was genau unter einem „schweren Dauerschaden“ verstanden werde. Diesbezüglich gäbe es zu viel subjektiven Interpretationsspielraum. Auch die Formulierung „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ enthalte keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung. Laut BGH hätten hier klare ärztliche Maßnahmen genannt werden müssen, die nicht erfolgen sollen.
Mehr als Hunderttausend Dokumente damit ungültig
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs dürfte weitreichende Folgen haben. Deutschlandweit entsprechen geschätzt mehr als hunderttausend Patientenverfügungen nicht den gewünschten Formulierungsstandards. Zahlreiche Institutionen (wie etwa die evangelische Kirche) bieten entsprechende Musterschreiben an, deren rechtliche Gültigkeit mit dem Beschluss des BGH infrage gestellt wird. Wer also selbst eine Verfügung oder Vorsorgevollmacht besitzt oder eine solche in Zukunft anfertigt, sollte diese auf präzise Aussagen hin prüfen, wenn das Dokument auch bindend sein soll.
Quelle
- Patientenverfügungen konkret formulieren. Pressemitteilung vom 12.08.2016
- „Der BGH hat hunderttausende Patientenverfügungen zunichte gemacht.“ Interview mit Rechtsanwalt Wolfgang Putz.
