Neue Leitlinie für Parkinson
13.04.2016
Kristina Mohr
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat die vollständig überarbeitete und erweiterte S3-Leitlinie zum Idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPS) veröffentlicht. Die 85 evidenzbasierten Empfehlungen der Experten bewerten neben Diagnostik und medikamentöser Therapie erstmals auch alternative Ansätze wie Physiotherapie und Logopädie. Zudem beziehen sie Stellung zu Aspekten der Pflege und Versorgung.
Für die medikamentöse Therapie des Parkinson-Syndroms stehen verschiedene Substanzklassen wie Dopaminagonisten, MAO-B-Hemmer und Levodopa zur Verfügung. Ärzte sollten nach Ansicht der Experten künftig bei ihrer Entscheidung, welchen Wirkstoff ein Patient erhält, stärker berücksichtigen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung steigt. „Da bei fast allen Patienten nach zehn Jahren Levodopa-Therapie motorische Fluktuationen und Dyskinesien auftreten, sind bei jüngeren Patienten in der Differentialtherapie die Vor- und Nachteile der jeweiligen initialen Therapie wie die mit einem Dopaminagonisten oder L-DOPA-Präparat zu erörtern und gegeneinander abzuwägen“, so Wolfgang Oertel, Mitkoordinator der Leitlinie. Bei Parkinson-Patienten höheren Alters, deren kognitive Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, könnten hingegen Dopaminagonisten zu Halluzinationen und psychotischen Zuständen führen.
Parkinson-Nurse oder normale Pflegende
Zu den pflegerischen Aspekten, mit denen sich die Experten beschäftigen, gehört u.a. die Frage, ob Patienten von einer spezialisierten Parkinson Disease Nurse (PDN) mehr profitieren als von normalen Pflegenden. Auf Basis der aktuell vorliegenden Evidenz kommen sie zu dem Schluss, dass eine PDN für den Patienten nur wenige Vorteile bringe, wie beispielsweise ein größeres subjektives Wohlbefinden und besserer allgemeiner Gesundheitszustand. Letztlich käme es darauf an, dass ausreichend Kompetenzen und Kapazitäten vorhanden sind, um die Krankheit zu überwachen und Medikationen anzupassen. Es sei wichtig, den Patienten und seine Familie zu informieren und zu unterstützen. Dies könnte durch unterschiedliche Berufsgruppen geschehen. Eine Parkinson-Nurse sei hier eine empfehlenswerte Möglichkeit, jedoch nicht die einzig überzeugende.
Für die Bewegung
Eine Empfehlung der höchsten Evidenzstufe sprechen die Autoren der Leitlinie für die Physiotherapie aus, und zwar in allen Phasen der Erkrankung. Ein besonderer Fokus sollte dabei auf Gangtraining, Gleichgewichtsübungen, Kraft- und Dehnungsübungen sowie der Sturzprävention liegen. „Das Ziel ist die Wiederherstellung, Erhaltung oder Förderung der Beweglichkeit, dabei aber auch häufig Schmerzfreiheit, Wohlbefinden, Partizipation und Selbstständigkeit“, erläutert Günther Deuschl, ebenfalls Koordinator der Leitlinie.
Logo-, Ergo- und Psychotherapie
Weitere Therapieansätze, die die Leitlinie empfiehlt, sind Logopädie bei Sprech- und Schluckstörungen, Ergotherapie sowie psychologische Behandlung bei Depressionen. Patienten sollten zudem in allen Phasen der Erkrankung Zugang zu psychosozialer und sozialrechtlicher Beratung erhalten.
Neben der DNG waren 28 weitere Fachgesellschaften an der Leitlinie beteiligt. Diese ist für Ärzte zwar nicht bindend, findet aufgrund ihrer hohen wissenschaftlichen Aktualität und Qualität jedoch große Beachtung. Für die Empfehlungen sichteten die Autoren annähernd 2200 Facharbeiten.
Quellen
- Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Parkinson-Krankheit: neue Leitlinie für Diagnostik und Therapie veröffentlicht. Pressemitteilung vom 6. April 2016.
- DGN S3-Leitlinie Idiopathisches Parkinson-Syndrom. Langversion. Aktualisierung 2016. AWMF-Register-Nummer: 030-010.
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