Zika: WHO erwägt, internationalen Notfall auszurufen
29.01.2016
Kristina Mohr
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) entscheidet am kommenden Montag in Genf, ob die Zika-Epidemie einen globalen Gesundheitsnotfall darstellt. Sie reagiert damit auf die sehr rasche Ausbreitung der Viruserkrankung, von der bereits 23 Länder in Südamerika betroffen sind.
Das von Stechmücken übertragene Zika-Virus verbreite sich „explosionsartig“, erklärte die WHO-Direktorin Margaret Chan gestern. „Wir sind extrem alarmiert.“ Seit Ausbruch der Epidemie im Mai 2015 in Brasilien sind nicht nur die Infektionszahlen rasant gestiegen: Wurde Zika von Experten lange Zeit als relativ harmlos eingestuft, deutet nun vieles darauf hin, dass der Erreger bei Schwangeren zu Schädel-/Hirn-Fehlbildungen der Feten führen kann. Im Oktober 2015 berichtete das brasilianische Gesundheitsministerium erstmals von einer erhöhten Zahl an Mikrozephalien bei Neugeborenen.
Grippeähnliche Symptome mit Hautausschlag
Symptome einer Zika-Infektion sind Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen, Hautausschlag, leichtes Fieber sowie eine nichteitrige Konjunktivitis. Die meisten Betroffenen bemerken jedoch gar nicht, dass sie erkrankt sind. Zika wird – wie Dengue – von Stechmücken übertragen, die tagaktiv sind.
Lange scheinbar harmlos – nun Fehlbildungen bei Babys?
Forscher identifizierten das Virus erstmals 1947 in einem Affen im Zika-Wald Ugandas. In den darauffolgenden Jahrzehnten zirkulierte es vereinzelt in Afrika und Asien. Erst 70 Jahre nach seiner Entdeckung kam es zu mehreren größeren Ausbrüchen: 2007 erkrankten rund 100 Menschen auf der Pazifikinsel Yap in Mikronesien, ab 2013 berichteten Inselstaaten im pazifischen Raum wie beispielsweise Französisch-Polynesien von mehreren Hundert Infizierten. Während dieser Epidemie, die mit einem Ausbruch von Dengue-Fieber einherging, traten ungewöhnlich viele Fälle von Guillain-Barré-Syndrom auf, ebenso in Brasilien 2015. Auch die Zahl der Feten und Neugeborenen mit Schädel-Hirn-Fehlbildungen ist bei Müttern erhöht, die sich während des Ausbruchs in den ersten beiden Trimestern befanden.
Weitgereiste Viren
Die Therapie gegen Zika erfolgt symptomatisch. Bisher gibt es keinen Impfstoff und auch keine schnellen diagnostischen Tests. Stattdessen trifft ein sehr virulenter Erreger aufgrund der geografisch weit verbreiteten Stechmücken potenziell auf sehr viele Menschen ohne Immunität, befürchtet die WHO. Die globalen Reisegewohnheiten erlauben zudem eine Verbreitung über viele tausende Kilometer. So gelangte das Virus möglicherweise während der Fußball-WM 2014 nach Südamerika.
Geringes Risiko für Deutschland
Dass es in Deutschland zu einer größeren Epidemie kommt, ist unwahrscheinlich, betont das Robert Koch-Institut. Jedoch könne es durchaus sein, dass sich Reisende während eines Aufenthalts in Epidemiegebieten durch Mückenstiche infizieren. Hauptsächlich überträgt das Virus die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti). Es wird jedoch vermutet, dass die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) ebenfalls als Träger infrage kommt. Diese kommt inzwischen im südlichen Europa und punktuell in Süddeutschland vor. Sollten in einem warmen Sommer infizierte Reiserückkehrer auf diese Tigermücken treffen, ist laut RKI nicht auszuschließen, dass es auch hierzulande zu einer Übertragung durch Stechmücken kommen kann.
Quellen
- WHO. WHO to convene an International Health Regulations Emergency Committee on Zika virus and observed increase in neurological disorders and neonatal malformations. Statement vom 28. Januar 2016.
- WHO. WHO Director-General briefs Executive Board on Zika situation. Briefing to the Executive Board on the Zika situation. 28. Januar 2016.
- WHO. Zika virus. Fact sheet. Updated January 2016.
- RKI. Zikavirus – Weitere Ausbreitung und fraglicher Zusammenhang mit Hirn-Fehlbildungen bei Neugeborenen. Epidemiologisches Bulletin 2/2016, DOI 10.17886/EpiBull-2016-004.2.
- Pan American Health Organisation. Countries and territories with Zika autochthonous transmission in the Americas. Epidemiological Week (EW) 17 of 2015 to EW 3 of 2016.
Mehr zum Thema
Zu tropischen und importierten Infektionserkrankungen können Sie sich im Buch „Hygiene, Infektiologie, Mikrobiologie“ in der CNE Bibliothek informieren.
