HIPSTA
18.09.2017
In der „Heidelberger Interprofessionellen Ausbildungsstation“ HIPSTA versorgen Medizinstudenten im praktischen Jahr und Pflegeschüler gemeinsam Patienten. Dabei werden sie engmaschig durch Praxisanleiter und Lehrbeauftragte betreut.
Operationswunden versorgen, Werte überprüfen, Untersuchungen anordnen, Medikamente einstellen, Angehörige informieren – auf der neuen „Heidelberger Interprofessionellen Ausbildungsstation (HIPSTA)“ an der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg geht es zu wie auf anderen chirurgischen Stationen. Mit einem entscheidenden Unterschied: Die Versorgung der frisch operierten Patienten liegt in der Hand von Medizinstudierenden im praktischen Jahr (PJ-ler) und Schülerinnen und Schülern der Gesundheits- und Krankenpflege im dritten Ausbildungsjahr. Betreut werden sie von Lehrbeauftragen der Chirurgie und Praxisanleitern der Pflege. Das Ziel dieses innovativen Lehrkonzeptes, das in dieser Art bislang deutschlandweit einmalig ist: Gemeinsam lernen die angehenden Ärzte und Gesundheits- und Krankenpfleger die Herausforderungen des Klinikalltags kennen und entwickeln dabei auch ein besseres Verständnis für die jeweils andere Berufsgruppe – Was leistet diese alles, wie arbeitet man optimal zusammen? „Wir sind alle begeistert, wie gut HIPSTA funktioniert, was unsere Studierenden, Pflegeschülerinnen und -schüler alles können, mit wie viel Eigeninitiative und Engagement sie sich dieser Aufgabe stellen und wie gut sie zusammenarbeiten“, freut sich Privatdozent Dr. André Mihaljevic, Lehrbeauftragter an der Chirurgischen Universitätsklinik. Das Projekt wird von der Robert Bosch-Stiftung im Rahmen des Programms „Operation Team – Interprofessionelle Fortbildungen in den Gesundheitsberufen“ zwei Jahre lang mit über 80.000 Euro gefördert.
Studenten entwickelten die Idee zur Lehrstation
Die Idee zur Lehrstation kam von Studierenden, die das interprofessionelle Praxistraining während eines Auslandsemesters im Rahmen des Erasmus-Förderprogramms der Europäischen Union in Kopenhagen kennen gelernt hatten. Als sich Mihaljevic nach eingehender Recherche damit an Fakultät, Gesundheits- und Krankenpflegeschule an der Akademie für Gesundheitsberufe und Pflegedienstleitung der Chirurgischen Klinik wandte, rannte er, wie er sagt, nur offene Türen ein. „Alle haben sofort Interesse signalisiert.“ Die Konzeption und Vorbereitung lief denn auch viel schneller als gedacht: Statt wie ursprünglich angedacht nach 18 Monaten Ausarbeitungszeit, konnte die erste Teilnehmerrunde bereits nach acht Monaten, im April 2017, loslegen. „Wir erfahren sehr viel Unterstützung in allen Bereichen, etwa von den Stationsteams, die für die Teilnehmer jederzeit ansprechbar sind, oder dem DV-Team der Klinik. Das ist der `Heidelberger Spirit´“, ist der Chirurg überzeugt.
Bereits Auswahlverfahren für kommende Kohorten
Das Ergebnis ist ein gemeinsames Lehrangebot von Medizinischer Fakultät, Akademie für Gesundheitsberufe und Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, das überzeugt: „Als Supervisor bei Visiten und Teambesprechungen bin ich meistens nur Zuschauer. Bisher wurde alles, was an Problemen aufgetaucht ist, von den Teilnehmern selbstständig gemanagt“, lobt Mihaljevic. Von Seiten der Studierenden und Pflegeschüler gibt es inzwischen einen regelrechten Run auf HIPSTA, für die kommenden Kohorten ist voraussichtlich ein Auswahlverfahren nötig. Nicht zuletzt ernten die engagierten Jungmediziner und Nachwuchspflegekräfte sehr viel Lob und Zuspruch von den Patienten. „Die Patienten werden nicht speziell vorbereitet oder ausgewählt. Trotzdem haben wir bisher nur sehr positive Rückmeldungen erhalten, Klagen gab es überhaupt nicht“, freut sich Birgit Trierweiler-Hauke, Stationsleitung in der Chirurgischen Klinik.
Spiegelgespräche sorgen für Transparenz
HIPSTA umfasst zwei Dreibett-Zimmer der allgemein- und viszeralchirurgischen Station. Jeweils zwei PJ-ler/PflegeschülerInnen-Paare betreuen ein Zimmer in zwei Schichten. Das gesamte Spektrum allgemeinchirurgischer Behandlungen ist vertreten, lediglich Patienten mit Multiresistenten Keimen sind ausgenommen und Patienten nach Transplantation werden nur in Ausnahmefällen auf die Lehrstation verlegt. Dass die Teilnehmer es hier fast ausschließlich – wie an einem Universitätsklinikum üblich – mit schwerkranken Patienten zu tun haben, macht HIPSTA weltweit einzigartig. „Die Betreuung der viszeralchirurgischen Patienten ist sehr komplex. Da gibt es kaum Standard-Tätigkeiten, die Teilnehmer müssen sehr gut mitdenken – aber das hat bisher wunderbar geklappt“, betont Birgit Trierweiler-Hauke. Die vier Teams versorgen „ihre“ Patienten unter der Supervision ihrer Betreuer selbstständig, bereiten Visiten, Teamgespräche und Übergaben vor, organisieren Untersuchungen und nötige Folgebehandlungen ebenso wie die weitere Versorgung nach Entlassung. In täglichen „Spiegelgesprächen“ resümieren und bewerten sie gemeinsam mit Lehrbegleitern und Praxisanleitern die Vorkommnisse ihrer Schicht. Außerdem ist eine kurze, selbstständig recherchierte Fortbildung eingeplant: Die Themen ergeben sich aus den Fragen, die beispielsweise während der Visite oder der Patientenversorgung aufkommen, und sind sowohl für angehende Ärzte als auch Pflegekräfte relevant. Nicht zuletzt können PJ-ler und Pflegeschüler auch sehr viel voneinander lernen – HIPSTA hat bei den Teilnehmern diesbezüglich bereits für einige Aha-Effekte gesorgt.
Nun hofft das HIPSTA-Team, dass es in dem verbleibenden Förderzeitraum bis September 2018 eine tragfähige Infrastruktur aufbauen kann, damit HIPSTA spätestens dann zum Selbstläufer wird. Denn darin sind sich alle einig: HIPSTA hat sich schon jetzt mehr als bewährt und soll daher auf jeden Fall auch im Neubau der Chirurgischen Universitätsklinik fortgesetzt werden. „Nur mit einer stärkeren Förderung der interprofessionellen Zusammenarbeit sind Krankenhäuser zukünftigen Herausforderungen gewachsen“, sind sich Mihaljevic und Trierweiler-Hauke sicher.
Quelle
Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
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