Erschöpfung statt Erholung
28.06.2016
Danilo Michalski
Laut einer Datenanalyse des Müttergenesungswerkes (MGW) stieg die Zahl psychischer Erkrankungen durch Familienarbeit in den vergangenen Jahren deutlich an. 87 Prozent aller Mütter und 70 Prozent der Väter, die 2015 an einer durch das MGW anerkannten Kur teilnahmen, litten an einem Erschöpfungssyndrom. Eine maßgebliche Ursache dafür ist die häusliche Pflege von eigenen Angehörigen. Diese wird schnell zur massiven Belastung und sorgt dafür, dass die Pflegenden selbst krank werden. In solchen Fällen besteht ein gesetzlicher Anspruch auf eine Kurmaßnahme, der jedoch den wenigsten bekannt ist.
Wenn das Wort "Arbeit" fällt, denken die meisten Menschen wohl sofort an die klassische Berufstätigkeit. Dabei wird schnell vergessen, dass es neben der Erwerbsarbeit auch noch die sogenannte Familienarbeit gibt. Diese beinhaltet neben verschiedenen Haushaltstätigkeiten auch die Erziehung von Kindern und die Pflege von Angehörigen. Insbesondere letztere stellt eine nicht zu unterschätzende Herausforderung im Alltag dar. Laut dem MGW werden rund 70 Prozent aller Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt – in den meisten Fällen von Frauen.
Mehrfachbelastung macht krank
Die Pflege von Angehörigen erfordert viel Zeit und strapaziert die Psyche. Wer Vollzeit arbeitet (laut MGW arbeiten 52 Prozent der befragten Väter 40 Stunden pro Woche und mehr) und anschließend neben der Kinderbetreuung noch weiteren anstrengenden familienbezogenen Aufgaben nachkommt, gerät schnell an seine körperlichen und seelischen Grenzen. Anne Schilling, Geschäftsführerin der MGW, beschreibt in diesem Zusammenhang den Gesundheitszustand von Frauen mittleren Alters als "auffallend schlecht". Sie führt dies auf die "hohe psychosoziale Belastungen durch Haus- und Familienarbeit" zurück und sieht dringenden Handlungsbedarf.
Prävention und Rehabilitation sind wichtig
Um der besorgniserregenden Entwicklung entgegenzutreten, bieten inzwischen mehrere Kliniken präventive Kurmaßnahmen speziell für pflegende Frauen und Männer an. Diese sollen dabei helfen, den eigenen Lebensalltag zu bewältigen und die Gesundheit langfristig zu erhalten. Was viele Betroffene noch nicht wissen: Seit 2012 gibt es mit dem Pflegeausrichtungsgesetz auch einen gesetzlichen Anspruch auf solche Maßnahmen für privat Pflegende.
Quelle
Müttergenesungswerk
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Wenn Angehörige pflegen, tun sie dies aus ganz unterschiedlichen Motivationen. Für Pflegende ist es wichtig, zu erfahren, welchen Belastungen die Angehörigen ausgesetzt sind und welche Ressourcen vorhanden sind, um angemessen beraten zu können. Der Beitrag "Pflegende Angehörige in der häuslichen Pflege. Belastungen und Ressourcen" informiert Sie über die Situation von Angehörigen, die ein an Demenz erkranktes Familienmitglied versorgen, und stellt zudem die Angehörigenpflege in verschiedenen Kulturen dar.
