Kaum noch Zeit für Patienten
07.12.2016
Thomas Koch
Patienten und Mitarbeiter leiden immer mehr unter der zunehmenden Leistungsverdichtung in der operativen Medizin. Darauf machte die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) gestern in Berlin aufmerksam.
Aus Sicht des DGCH-Präsidenten, Professor Tim Pohlemann, sei eine dem Bedarf angemessene Pflege der Patienten in der frühen postoperativen Phase kaum noch zu leisten. Es fehle an Personal, um den hohen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden. „Bei den für den einzelnen Patienten zur Verfügung stehenden Pflegekapazitäten fällt Deutschland im internationalen Vergleich zunehmend zurück und unterscheidet sich bereits signifikant von skandinavischen Ländern“, erläutert Pohlemann. Während in Skandinavien drei Patienten von einer Pflegefachkraft versorgt werden, sei eine Pflegende in Deutschland für zehn Patienten zuständig. Dies wirke sich negativ und spürbar auf die Patienten aus, da Pflegende kaum noch Zeit hätten, mit dem gerade operierten Patienten ausführlich zu kommunizieren. Viele Patienten müssten zu lange warten, bis ihnen geholfen werde. „Auch gibt es kaum noch Möglichkeiten, älteren Patienten, die durch die technische Überwachung unruhig werden, eine Sitzwache zu stellen“, ergänzt der DGCH-Präsident. Die Stärkung der Pflege sei daher auch ein zentrales Anliegen von Pohlemann im Rahmen seiner Präsidentschaft.
Klinikärzte ebenfalls am Limit
Neben den Pflegenden würden auch die Klinikärzte an den Grenzen ihrer Belastbarkeit arbeiten. Ihre Operationszeiten seien eng getaktet, alle 24 Stunden finde aufgrund des Arbeitszeitgesetzes ein Schichtwechsel statt. Durch diese Situation erfolge die Aufklärung einen Tag vor der Operation häufig durch einen Arzt, der bei der Operation gar nicht anwesend sei. „Das stellt eine enorme Belastung für den Patienten dar – er hat vor einer Operation meist Angst und will mit demjenigen sprechen, der ihn operiert“, betont Pohlemann.
Quelle
Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH)
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