Pflege und Beruf zu vereinbaren bleibt schwierig
12.01.2016
Kristina Mohr
Sowohl Arbeitnehmer als auch Unternehmen halten es für sehr wichtig, neben der Pflege eines Angehörigen erwerbstätig zu bleiben. Jedoch schätzt eine Mehrheit der berufstätigen Deutschen die aktuellen Rahmenbedingungen hierfür kritisch ein, und viele Unternehmen sind weiterhin nicht auf pflegende Arbeitnehmer vorbereitet. Dies sind die Ergebnisse zweier Befragungen des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP).
Ein Jahr nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes zur besseren Vereinbarung von Familie, Pflege und Beruf glauben nur 7 Prozent der Deutschen, dass es gut oder sehr gut möglich ist, sich parallel zum Beruf um einen Angehörigen zu kümmern. 72 Prozent halten dies für eher oder sehr schlecht möglich.
Informationen fehlen
Hierfür verantwortlich könnte zum einen die Tatsache sein, dass sich ein großer Teil der Befragten (84% eher/sehr schlecht) nicht ausreichend über gesetzliche Leistungen wie die kurzfristige Freistellungen mit Lohnersatzleistung, Arbeitszeitreduzierung oder Familienpflegezeit informiert fühlt.
Arbeitnehmer fürchten Nachteile
Zum anderen äußerten viele Berufstätige Vorbehalte, die Pflegeverantwortung am Arbeitsplatz zu kommunizieren. Sie würden dies aus Sorge um den Arbeitsplatz (64%) und Angst vor beruflichen Nachteilen (60%) nicht tun oder fürchten mangelndes Verständnis von Vorgesetzten (47%) und Kollegen (28%).
Wunsch nach flexiblen Arbeitsmodellen
Nach Meinung der Arbeitnehmer sollte für Unternehmen die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege einen hohen Stellenwert haben. 63 Prozent halten dies für sehr wichtig. So befürworten die Arbeitnehmer zum Beispiel zu 85 Prozent zeitlich und örtlich flexible Arbeitsmodelle, zu 75 Prozent Telearbeit bzw. Homeoffice und zu knapp 70 Prozent individuelle Absprachen.
Unternehmen bisher wenig vorbereitet
Obwohl 76 Prozent der befragten Personalentscheider es generell für wichtig erachten, dass es ihren Mitarbeitern gelingt, Beruf und Pflege zu vereinbaren, halten fast ebenso viele keine spezifischen personalpolitischen Konzepte für pflegende Angehörige vor. Gesetzlich verankerten Leistungsansprüchen wie zum Beispiel der Familienpflegezeit standen die Personaler eher kritisch gegenüber. 63 Prozent werten diese als weniger gut/überhaupt nicht gut umsetzbar in ihrem Unternehmen.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Pflicht
Das Inkrafttreten des Gesetzes habe nach Ansicht des ZQP kaum Handlungsdruck in den Unternehmen ausgelöst. „Unsere Studienergebnisse zeigen auch, dass die Möglichkeiten der Politik, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu fördern, begrenzt sind“, sagt Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP. Deshalb sei vor allem eine pflegesensible Unternehmenskultur gefordert, um einen offeneren Umgang mit dem Thema Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu ermöglichen. Aber auch Berufstätige müssten sich besser informieren, damit die vielfältigen Entlastungsmöglichkeiten in der Bevölkerung ankämen.
Quellen
- ZQP. Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. ZQP-Themenreport. Januar 2016.
- ZQP. ZQP-Studie: Regelungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege kommen nicht an. Pressemitteilung vom 5. Januar 2016.
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